Von der Leyen ruiniert Europa – für die Brüsseler Bürokratie
Ist Ursula von der
Leyen so dumm und ahnungslos, oder so unterwürfig, dass dieses
Abkommen alles war, was sie liefern konnte? Oder folgt die
Intrigenerfahrene nur einem ganz anderen Plan, in dem die einzelnen
Länder oder gar das Wohl der Bürger schlicht keine Rolle spielen?
Von Dagmar Henn
Dieses Mal war das Ergebnis so überwältigend schlecht, dass das
nicht einmal ein Bundeskanzler Friedrich Merz überspielen konnte.
Und im Internet kursieren Witze, die unter Berufung auf die stetige
Behauptung, Russland wolle den Untergang Westeuropas, erklären, dann
müsse Ursula von der Leyen die russische Spitzenagentin sein. Es ist
geradezu unmöglich, dieses Handelsabkommen, bei dem EU-Exporte in
die USA mit mindestens 15 Prozent Zoll belegt werden, aber US-Exporte
in die EU mit gar keinem, als Erfolg zu verkaufen. Nicht einmal mit
dem Argument, man habe damit die Vereinigten Staaten irgendwie an die
EU gebunden.
Aber langfristig ist das nicht einmal ein Sieg für die
Vereinigten Staaten, denn die bisherigen Versuche haben bereits
gezeigt, dass eine Reindustrialisierung dort mitnichten eben mal
schnell erfolgen kann. Die Schritt für Schritt abgeschotteten Märkte
des Kernwestens bleiben dann zwar gewissermaßen in Geiselhaft seiner
industriellen Reste, aber der Rest der Welt handelt munter mit den
aufsteigenden Größen der BRICS, die durch die Zollpolitik der USA
auf längere Frist noch größere Teile des weltweiten industriellen
Potenzials auf sich vereinigen werden.
Nun ist von der Leyen bekanntlich nicht die hellste Kerze auf dem
Kuchen, aber in der enormen Brüsseler Bürokratie müsste sich
eigentlich dennoch jemand finden lassen, der ihr vorbuchstabieren
kann, was an diesem Resultat verkehrt ist – außer, es käme noch
ein ganz anderer Faktor ins Spiel, ein anderer Akteur, für den
dieses Ergebnis ausgesprochen vorteilhaft ist (Spoiler: Es ist nicht
Russland, denn ein völlig ruiniertes Europa taugt nämlich nicht
einmal mehr als Abnehmer für Energierohstoffe).
Tatsächlich gibt es diesen Akteur. Er gibt sich große Mühe,
nicht klar erkennbar zu sein, er verpackt die Umsetzung seiner
eigenen Interessen stets geschickt, aber er hat bereits bewiesen,
dass er sowohl zutiefst korrupt als auch unbegrenzt bösartig ist. Es
ist die Brüsseler Bürokratie selbst, angetrieben von ihrem
Eigeninteresse, sich möglichst viele Aspekte staatlicher Macht zu
verschaffen, um aus der Scheinregierung eine reale zu machen.
Die Eigeninteressen von Strukturen sind ein historisch wichtiger
Faktor, und jede Form von Bürokratie entwickelt ein solches
Eigeninteresse. Dementsprechend finden sich auch schon relativ früh
in der Geschichte Maßnahmen, die versuchen, dieses Eigeninteresse
unter Kontrolle zu bringen. In der römischen Antike war das
beispielsweise die Besetzung der staatlichen Verwaltung mit Eunuchen,
weil man dann davon ausgehen konnte, dass sie sich zwar um das eigene
Wohl sorgten, aber keine größere Familie im Hintergrund lauerte,
die sich womöglich generationenlang vom Apparat nähren würde. Der
reale Ursprung des Zölibats in der katholischen Kirche ist derselbe,
wobei in diesem Fall das Eigeninteresse der Struktur, also der
Korporation Kirche, die Eigeninteressen ihrer Mitarbeiter schlug.
Nun ist die Brüsseler Bürokratie ein ganz besonderes Ding. Nicht
nur, weil die Einkommen ihres Personals ungewöhnlich hoch sind, was
allein schon zu einer Selbstwahrnehmung als einer "europäischen
Elite" beiträgt. Nein, vor allem, weil es sich um eine
Exekutive ohne politische Kontrolle handelt, etwas, das ausgesprochen
selten ist. Selbst eine absolutistische Bürokratie lief an einer
kürzeren Leine und konnte in einem Wimpernschlag ihre Finanzierung
einbüßen, und die älteste europäische Bürokratie, die der
katholischen Kirche, stabilisiert sich schon immer durch eine
Vielzahl vergleichsweise unabhängiger Unterstrukturen (die Orden).
[...]
Aus der Sicht der Brüsseler Bürokratie ist eine enge
Verwobenheit mit der NATO eine Möglichkeit, sich eine bewaffnete
Macht unter Umgehung der einzelnen Staaten zu beschaffen. Auch das
ist etwas, was zur Staatlichkeit gehört. Um es noch einmal
auszubuchstabieren: die Möglichkeit, Recht zu setzen, die
Möglichkeit, Recht durchzusetzen, das Recht, sich Geld der
Untertanen anzueignen und darüber zu verfügen, und zur Absicherung
des Ganzen eine bewaffnete Macht – das sind die Faktoren, die
Staatlichkeit ausmachen. Die Rechtsetzung erfolgt bereits; übrigens
in einer Weise, verglichen mit der das schon recht schmerzhafte
angelsächsische Recht geradezu angenehm scheint. Auch eine
Judikative hat man sich schon zugelegt, obwohl deren Ursprünge
eigentlich andere waren; der EuGH und der EGMR dienen längst willig
als rechtsprechender Arm der Brüsseler Bürokraten.
Was völlig fehlt, ist die Kontrolle. Darüber täuscht auch ein
kleines Misstrauensvotum gegen von der Leyen nicht hinweg. Auch wenn
inzwischen dutzendfach EU-Europa-Skandale schweigend hingenommen
werden – wäre die Sache mit Pfizer und den SMS so spurlos
vorübergegangen, hätte es sich um die Regierung eines
EU‑Mitgliedstaats gehandelt? Wohl kaum. Neben der fehlenden
parlamentarischen Erdung ist Brüssel auch für die meisten EU-Bürger
so weit weg, dass unmittelbare Proteste dort vergleichsweise selten
sind; die einzigen Ausnahmen sind die mehr oder weniger regelmäßigen
Bauernproteste, was auch damit zu tun hat, dass im Agrarsektor das
Brüsseler Handeln unmittelbarer und vor allem schon weit länger zu
spüren ist. Die Pläne zur Zerstörung der Automobilindustrie werden
von Brüssel mit Vehemenz vorangetrieben – aber noch ist das
Herz der Finsternis nicht das Ziel des Protests. Ebensowenig wie beim
Thema Migration.
Wenn man versuchen würde, eine Berechnung anzustellen, um die
persönliche Macht einer Kommissionspräsidentin mit der eines
Bundeskanzlers zu vergleichen, läge die Kommissionspräsidentin weit
vorn. Wegen der fehlenden parlamentarischen Kontrolle, der
Abwesenheit der wirklichen Zivilgesellschaft (im Gegensatz zum
NGO-Zirkus, der dafür nicht nur in Brüssel sehr präsent ist,
sondern teils auch von Brüssel gesteuert wird) und der fehlenden
Notwendigkeit, die eigene Politik mit Parteien und deren Vertretern
auszuhandeln. Dass sich von der Leyen benimmt wie eine
absolutistische Fürstin, hat damit zu tun, dass sie eine
absolutistische Fürstin ist. Nur die Vervollständigung einer
eigenen Finanzhoheit fehlt noch.
Das ist der Punkt, an dem die eigenartigen Zusagen, die von der
Leyen Trump gegenüber gemacht hat, spannend werden. Vor allem vor
dem Hintergrund, dass es gar keinen Mechanismus für kollektive
Einkäufe gibt, weder für US-LNG noch für US-Waffen. Und dass die
einzelnen Mitgliedstaaten ohnehin schon durch die sanktionsbedingte
Wirtschaftsschwäche, die Migration und den Aufrüstungswahn
finanziell extrem belastet sind.
Was die Möglichkeit schafft, wie das Kaninchen aus dem Hut eine
europäische Schuldenaufnahme hervorzuziehen, am besten gleich
gekoppelt mit einem eigenen Besteuerungsrecht. Wenn das das Ziel ist,
dann ist es kein Nachteil, sondern ein Nutzen, dass die
Mitgliedstaaten durch dieses Handelsabkommen weiter geschwächt
werden. Deutschland, als der wirtschaftlich stärkste dieser Staaten,
wurde durch das letzte Sanktionspaket endgültig an die Kette gelegt,
weil der eine Schritt, der den wirtschaftlichen Abstieg sofort
bremsen könnte, die Inbetriebnahme des unbeschädigten Strangs von
Nord Stream, nur noch um den Preis eines EU-Austritts zu haben ist.
Übrig bleibt eine Ansammlung ökonomisch dahinvegetierender Staaten,
die der Brüsseler Macht allerdings ermöglicht, sich über die Reste
demokratisch legitimierter Verfassungen zu erheben. Auch hier ähnelt
das Muster dem Absolutismus: Absolutistische Fürsten strebten
notwendigerweise danach, den Provinzadel zu entmachten. Ein
Verfahren, dem Brüssel konsequent folgt.
Wenn man den sehr engen Filter einer reinen Durchsetzung Brüsseler
Machtinteressen anlegt, ergeben plötzlich die ganzen Manöver der
letzten Jahre Sinn. Die Russland-Hysterie war das Mittel, um durch
die Verwebung mit der NATO die Frage der bewaffneten Macht zu klären
(wobei die USA als unfreiwilliger Dienstleister mit in die Haftung
genommen werden), und das Projekt Ukraine war eine erstklassige
Gelegenheit, größere Geldströme über Brüssel zu lenken, das
zuvor eigentlich nur im Zusammenhang mit der Landwirtschaft größere
Mittel verwaltete. Die Schwächung der einzelnen Staaten macht es
jetzt möglich, die Finanzverwaltung auf EU-Ebene auszuweiten, und
sie liefert stetig neue Gelegenheiten, eine Durchsetzung einer
EU-Schuldenaufnahme zu versuchen (dafür muss der Status egalisiert,
sprich: Deutschland als Letztschuldner geschliffen werden).
In dem Moment, in dem man von einer absolut skrupellosen und
einzig dem eigenen Interesse verpflichteten Brüsseler Bürokratie
ausgeht, deren oberste Exponentin Ursula von der Leyen all diese
Eigenschaften verkörpert, ergeben plötzlich Handlungen Sinn, die
zuvor bis ins Wahnhafte unsinnig schienen. Brüssel und sein Personal
stehen nur für sich selbst – und gegen die Interessen aller
europäischen Völker.