Emissionsbilanz des Umweltbundesamtes: Deutschland übererfüllt Klimaziele für 2023
Das deutsche Klimaziel für 2030 scheint wieder erreichbar: Im vergangenen Jahr hat es den stärksten Rückgang von Treibhausgasemissionen seit 1990 gegeben.
Deutschland verzeichnet 2023 den stärksten Rückgang der Treibhausgasausstoßes seit 1990. Laut einem Bericht des Umweltbundesamtes (UBA), der dem SPIEGEL vorab vorlag, wurden im vergangenen Jahr in Deutschland rund 673 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Das seien 76 Millionen Tonnen weniger als 2022 – ein Rückgang von rund zehn Prozent.
Der Bericht enthält auch Treibhausgas-Projektionen von 2024 bis 2030. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll der Ausstoß laut Klimaschutzgesetz um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken; bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als an anderer Stelle eingespart werden können. Laut UBA liegt der erwartete Rückgang derzeit bei knapp 64 Prozent im Vergleich zu 1990. Damit sei das deutsche Klimaziel für 2030 greifbar.
Bisher war nur eine Minderung um 49 Prozent erwartet worden. »Zum ersten Mal überhaupt zeigen die Zahlen: Deutschland ist auf Kurs – erstmals. Wenn wir Kurs halten, erreichen wir unsere Klimaziele 2030«, erklärt der Bundesminister für Wirtschaft und Klimapolitik, Robert Habeck. Das unterstreiche, dass die inzwischen ergriffenen Maßnahmen Wirkung entfalten. Laut den Berechnungen wird die bisherige Klimaschutzlücke von 1.100 Millionen Tonnen vollständig geschlossen.
UBA-Präsident Dirk Messner erklärte: »Mit Blick auf das Jahr 2030 bin ich zuversichtlich, dass wir die nationalen Klimaziele einhalten können.« Man sei bereits ein großes Stück beim Klimaschutz vorangekommen. »Jetzt sehen wir in unseren Projektionen für 2030, dass diese Lücke geschlossen werden wird, wenn wir weiter so ambitioniert am Klimaschutz arbeiten.«
Das Klimaschutzgesetz sieht jährliche Sektorziele für die Bereiche Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und den Abfallsektor vor. In den Vorjahren hatten die Bereiche Verkehr und Gebäude die festgelegten Ziele immer wieder verfehlt. Für den Verkehr gilt das auch 2023: Hier wurde die Zielmarke um 13 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente verfehlt. Das sind drei Millionen Tonnen mehr als im Jahr zuvor. Als »Haupttreiber des geringen Emissionsrückgangs« sieht das UBA nicht die Klimaschutzmaßnahmen, sondern die abnehmende Fahrleistung im Straßengüterverkehr. Verglichen mit 2022 habe der Pkw-Verkehr leicht zugenommen.
Auch der Gebäudesektor machte wieder Miese, wenn auch in viel geringerem Ausmaß: Mit rund 1,2 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente verfehlte man auch hier das Jahresziel. Wesentliche Treiber für den Rückgang der Emissionen sind laut UBA Energieeinsparungen, ein recht milder Winter im Jahr 2023 und höhere Verbraucherpreise. Auch der Zubau an Wärmepumpen habe sich positiv ausgewirkt.
Die anderen Sektoren haben ihre Ziele allesamt eingehalten: So sanken die Emissionen in der Energiewirtschaft gegenüber dem Vorjahr um rund 51,8 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente. Das sind rund 20 Prozent weniger als im Vorjahr. Dies liege am geringeren Einsatz fossiler Brennstoffe zur Strom- und Wärmeproduktion und betreffe vor allem Braun- und Steinkohle sowie bei Erdgas. In der Industrie sank der Ausstoß auf rund 155 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente – der Sektor hat mit rund 18 Millionen Tonnen sein Ziel übererfüllt. Grund dafür ist unter anderem die schlechte Konjunktur im vergangenen Jahr.