Der wahre Goldstandard
Erst kürzlich habe ich wieder - als es in einem Gespräch um die Inflation ging
und jemand erwähnte, dass es diese unter dem Goldstandard nicht, beziehungsweise
nur schwach gab, dann im Wechsel mit einer leichten Deflation - erlebt, dass
das Wissen um den Goldstandard selbst unter denjenigen, welche Ihn vermissen,
nur sehr unvollkommen vorhanden ist. Des Weiteren, dass es heutzutage nicht
mehr genug Gold gäbe, um Ihn wiederherzustellen.
Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt. Es gab NIE genug Gold, um dem
Handel mit seinem Bedürfnis an Liquidität gerecht zu werden.
Gold wurde im Handel nur benutzt, wo erhöhtes Risiko bestand, oder im Falle
kurzfristiger Liquiditäts-Schwächen.
In aller Regel wurden Geschäfte per Wechsel gemacht. Der Lieferant einer Ware
gab dem Empfänger 91 Tage Zeit, um die Ware an Kunden zu verkaufen, oder
um daraus ein Produkt zu schaffen, was weiterverkauft wurde. Ist es nicht an
Endkunden gegangen, wurde - selbstverständlich - als Bezahlung ebenfalls
ein Wechsel akzeptiert.
Der Grund für diese Vorgehensweise war ganz einfach. Der Geldumlauf - in
Kurantgeld (Sebstwertgeld/Edelmetallmünzen) fand eigentlich nur zwischen
Endverkäufer und Kunden statt. Alles davor bestand aus Vertrauen zu und Kenntnis
seiner Geschäftspartner.
Deshalb wurde auch die Verrechnung über den Wechsel ausserordentlich strikt
gehandhabt. Verlägerungen (Prolongation) gab es einfach nicht. Wer bis zum
91. Tag nicht seine Schuld begleichen konnte, sah sehr alt aus.
Die Liquidität war unter diesen Bedingungen ist eigentlich immer knapp. Daher war
die Regel, dass man den Wechsel möglichst früh weitergab. Jedoch mit einer
Haftung: war der ursprüngliche Schuldner nicht zahlungsfähig, so lag der
nächste, welcher den Wechsel als Zahlung akzeptierte in der Verpflichtung.
Daher fand unter den Banken - welche die Verrechnung machten, das Clearing -
unter ebenfalls sehr strikten Regeln statt. Als Reserve durften nur erstklassige
Wechsel, sowie Edelmetall als Kurantgeld(Münzen) oder in Barren gezählt werden.
Staatsanleihen waren nicht reservefähig, man sah den Staat als zweitklassigen
Geschäftsparter an.
Banken konnten damals íhr eigenes Geld ausgeben (Stückelung ihrer Reserven).
Es musste jedoch den obengenannten Bedingungen statthalten. Volle Deckung
durch Gold/Goldgeld/1A Wechsel.
Aber auch der Staat konnte SEIN Geld drucken/verbreiten. Üblich ist dann,
das der Staat alle seine Steuerzahler verpfichtet, die Steuern in Staatsgeld
zu entrichten (ganz oder teilweise) . Es musste jedoch nicht so sein, dass Banken
im Handel das Staatsgeld 1:1 zum Nennwert übernahmen. Hatte der Staat zuviel gedruckt,
wurde SEIN Geld auch unter pari gehandelt (Disagio).
Entlohnte der Staat seine Beamten mit seinem Geld, sofern es nicht Kurantgeld
war, so konnte es sein, dass das Einkommen der Staatsdiener nur mit
Abschlag angenommen wurde. Gleichzeitig waren Steuerschuldner nur zu gerne bereit,
das Staatsgeld mit Abschlag 'anzukaufen', da der Staat es zum vollen Wert annehmen
musste.
Das führte zur Disziplinierung des Staates, er hatte ein Eigeninteresse daran,
innerhalb seiner Verhältnisse zu leben. Da es damals keine Computer und keine
statistischen Schätzungen wie 'Geldmengen' gab, wurde ganz einfach ein Daumenfaktor
benutzt. Ein Drittel der in den kommenden 3 Monaten (90 Tage, schon wieder) zu
erwartenden Steuern durfte als Geld im Umlauf sein. Klappte zumeist hervorragend.
Im Falle der preussischen Tresorscheine sogar so gut, dass sie in der Regel zum Nennwert
angenommen wurden.
Wann starb nun der Goldstandard?
Viel früher, als von vielen angenommen wird. Das erste Beil in den Rücken wurde
ihm bereits 1875 - in anderen Nationen vorher oder mit Verzögerung - durch die
Definition der 'mündelsicheren Anleihen' in der preussischen Gesetzgebung geworfen.
Es wurde damals entschieden, das in der Nachlass- und Stiftungsverwaltung nur
staatliche und ggf. kommunale Anleihen (wegen der Zinsen) akzeptabel seien.
Einfügung:
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- der Untergang Venedigs als Handelsmacht wurde durch die Nichtbegleichung
der - in Gold aufgenommenen Schulden - von Edward III eingeläutet.
- die Fugger waren etwas klüger, sie stornierten die Schuld, jedoch begrenzten
sie auch weitere Kredite.
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Dies war der erste Schritt, wo sich der Staat vom gleichberechtigten oder zweitklassigen
Kunden am Kapitalmarkt in Richtung Vorzugskunde zu entwickeln begann. In den
anderen begrenzten Monarchien damalig fanden ähnliche Veränderungen statt.
(um 1914 wurde die Regelung mit den mündelsicheren Anleihen in das erste BGB,
Bürgerliche Gesetzbuch übernommen)
Der Todesstoss fand nicht erst 1913/14 statt. Es war 1909, als auch staatliche und kommunale Schuldtitel zur Reservehaltung erlaubt, später auch vorgeschrieben wurden. Im Jahre 1913
wurde dann die Verpflichtung zur Gold-Konvertibilität abgeschafft.
Damit war das Geldsystem, welches vorher Qualität und Wettbewerb beinhaltete, von
allen Selbstregulierungen bereinigt.
Germoney