ftd.de, Di, 16.3.2004, 16:15
Streit um Bundesbank-Gold
Die Union hat der rot-grünen Koalition vorgeworfen, die Bundesbank aus Haushaltsnöten zu Goldverkäufen zu drängen. Damit würde die Unabhängigkeit der Bank in Frage gestellt.
"Die Aufforderung der Regierungskoalition an die Bundesbank zum Goldverkauf demaskiert das Scheitern der rot-grünen Haushaltspolitik und ist ein verzweifelter Frontalangriff auf die Unabhängigkeit der Bundesbank", sagte CDU-Haushaltspolitiker Steffen Kampeter am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Die Koalition wolle die Bundesbank zwingen, die Goldreserven zu verkaufen.
Auch FDP und CSU warnten davor, Haushaltslöcher über Goldverkäufe zu stopfen. Der Vorstoß sei ein neuer Beweis für das Scheitern der Haushaltspolitik der Regierung, sagte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Dies sei ein schwerer Schlag gegen die Glaubwürdigkeit der deutschen Finanzpolitik. Auch der stellvertretende FDP- Vorsitzende Rainer Brüderle wandte sich gegen den Vorschlag. "Die Goldreserven der Bundesbank dürfen nicht für den grün-roten Murks im Bundeshaushalt verschleudert werden", sagte er.
Rot-Grün schlägt Goldverkäufe vor
Anlass waren Äußerungen des SPD-Haushaltsexperten Walter Schöler und dessen Grünen-Kollegin Antje Hermenau. Sie hatten sich für Goldverkäufe zur Haushaltsstabilisierung und Schuldentilgung ausgesprochen. Das Finanzministerium teilte mit, ob und in welchem Maß die Bundesbank Gold verkaufe, entscheide sie selbst autark. Dies sei nicht Sache der Bundesregierung. Die Bundesbank wollte zu den Äußerungen der Koalitionspolitiker nicht Stellung nehmen.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte vergangene Woche mit Bundesbankpräsident Ernst Welteke dessen Vorschlag diskutiert, Erträge aus Goldverkäufen über einen Fonds für Investitionen in Bildung und Forschung zu verwenden. Damit stieß Welteke im Ausschuss aber parteiübergreifend auf Ablehnung. Die stillen Reserven in den Goldbeständen der Bundesbank werden auf über 28 Mrd. Euro veranschlagt.
CDU sieht Unabhängigkeit in Gefahr
Kampeter sieht in den Äußerungen Schölers und Hermenaus eine neue Dimension in der Diskussion um Goldverkäufe. Die Aussagen gingen in die gleiche Richtung wie die Aufforderungen der Bundesregierung an die Europäische Zentralbank, die Zinsen zu senken. Der CDU-Politiker sprach von einer Gefahr für die Unabhängigkeit der Zentralbanken. Die umstrittene Initiative Weltekes sei offenbar darauf gerichtet gewesen, die Goldbestände "vor dem schamlosen Zugriff der rot-grünen Finanzbankrotteure zu schützen".
Dagegen verwies ein Sprecher des Finanzministeriums auf die alleinige Zuständigkeit der Bundesbank in Sachen Gold. "Damit stellt sich für uns diese Frage nicht." Der Sprecher bekräftigte, dass auch dann keine Probleme im Bundeshaushalt 2004 entstünden, wenn der Gewinn der Bundesbank deutlich unter den eingebuchten 3,5 Mrd. Euro liegen würde. Es gebe ausreichend Puffer im Haushalt, um das abzufedern.
Eingedampfter Gewinn
Hermenau und Schöler hatten sich in der Financial Times Deutschland mit Blick auf den im vergangenen Jahr deutlich gesunkenen Bundesbank-Gewinn dafür ausgesprochen, Erlöse aus Goldverkäufen künftig zur Stabilisierung des Haushalts und zur Schuldentilgung zu verwenden. Goldreserven könnten dafür eingesetzt werden zu verhindern, dass der Notenbank-Gewinn zu niedrig ausfalle und zum Haushaltsrisiko werde. Schöler schloss nicht aus, die Erlöse aus Goldverkäufen direkt als Einnahmen im Bundeshaushalt zu verbuchen.
Aus dem Bundesbank-Gewinn gehen 3,5 Mrd. Euro direkt in den Etat. Überschießende Beträge fließen in den Erblastentilgungsfonds. Allerdings wird der Bundesbank-Gewinn 2003, der in den Bundeshaushalt 2004 einfließt, nach Weltekes Worten unter 3,5 Mrd. Euro liegen. Kampeter schätzt ihn auf lediglich rund 500 Mio. Euro