Währungen kommen und gehen. Wenn in alten Chroniken oder anderswo von Gulden die Rede ist, dann können wir den Wert dieses alten Geldes heute nicht mehr ermessen. Was ist der Wert eines Guldens, welchen Wert hatte ein Bauernhaus, welchen Wert hatte ein Maltersack Getreide, wie lange mussten die Menschen arbeiten um 10 Gulden zu verdienen, um sich einen Sack Korn zu kaufen, eine Kuh, gar ein Haus?
Die Angaben über Preise und Gulden bleiben seelenlose Zahlen, solange kein Bezug geschaffen wird zur Gegenwart. Diesen Bezug will ich hier herstellen. Dazu brauchen wir einen Maßstab, eine Ware die damals mit heute vergleichbar ist. Es eignet sich zum Beispiel eine Kuh, ein Pferd, der Arbeitslohn eines Handwerksgesellen, ein Sack Getreide. Neben dem Getreide sind vor allem zwei Stoffe geeignet, den Wert einer Ware zu vergleichen: Gold und Silber, denn diese Stoffe waren damals dieselben wie heute und gleichermaßen begehrt. Die im 16., 17., 18. und teilweise 19. Jahrhunderts verwendete Währung (Süddeutschland) war der Gulden, und dieser war ausschließlich in Münzform im Umlauf, nicht in Papierform, und enthielt einen gleichbleibenden Anteil an Silber. Silber war das Geld des kleinen Mannes, größere Geschäfte wurden in Gold abgewickelt. Der Anker, mit dem sich die Preise vergleichen lassen, ist also eigentlich das Silber, seit dieses keine Geldfunktion mehr hat, ist Gold als Vergleichsmaßstab und Anker an seine Stelle getreten.
Der rheinische Gulden war die überregionale Goldwährung im ausgehenden Mittelalter und wurde für größere Geschäfte verwendet. Ein rheinischer Gulden hatte von 1420 bis 1477 einen Goldgehalt von 2,78 Gramm.
Ansonsten war die Währung hier in meinem Dorf seit jeher der Gulden. Dieser war eine Silberwährung. Ein Gulden enthielt 9,6 Gramm Silber.
Da das Gold/Silberverhältnis jahrhundertelang 15,5 zu 1 war, läßt sich der Preis eines Guldens gut in Gold ausdrücken: 1 Gulden entsprach genau 0,62 Gramm Gold.
Im Jahr 1872 wurde die Währung auf Mark umgestellt. 1 Mark entsprach 0,358 Gramm Gold, und der Gulden wurde folgendermaßen umgetauscht: 1 Gulden = 1,71 Mark, was wiederum ein Gold/Silberverhältnis von 15,5 zu 1 ergab.
Die jahrhunderte alte Silberwährung Gulden wurde also im Jahr 1872 abgelöst durch die Goldwährung Mark. 2793 Mark hatten genau den Wert von 1 kg Gold. Dieses Verhältnis blieb bis 1914 bestehen, als wegen dem Weltkrieg die Golddeckung der Mark aufgegeben wurde. Mit Gold lassen sich nämlich seit dem 20. Jahrhundert keine langen Kriege mehr führen, mit Papiergeld hingegen schon.
Ich habe viel Zeit investiert um in alten Chroniken und Heimatbüchern Preisangaben zu finden. Ich mach’s kurz. Die folgenden Zahlen sind verlässliche, gemittelte Werte (südliches Schwabenland).
Immobilien:
1 kleineres / mittleres Bauernhaus = 1 kg Gold
1 größerer Hof = 2,5 kg Gold
1 Gutshof = 5 kg Gold
Lohn:
1 Jahr Arbeit (Handwerksmeister) = 100 g Gold
1 Jahr Nachtwächtertätigkeit = 35 g Gold
Jahreslohn eines Handwerkergesellen = 70g Gold
Jahreslohn des Pfarrers = 190 g Gold
Lebensmittel:
1 Malter = 110 kg
110kg Dinkel = 6 g Gold (normale Zeiten)
110kg Dinkel = 12 g Gold (Teuerung)
110kg Dinkel = 15,4 g bis 38,7 g Gold (Teuerung und Misswuchs). Anno 1770.
110kg Dinkel = 26 g Gold (Hungersnot)
110kg Dinkel = 53 g Gold (Hungersnot und Krieg) (30jähr. Krieg)
Schlacht- Transporttiere:
1 Kalb 6,4 g Gold
1 „Stierlein“ 13 g Gold
1 Kuh 8 g Gold
1 Pferd 19 g Gold in Friedenszeiten bis 64 g Gold in Kriegszeiten
Die Ackerpreise um 1894 schwankten viel stärker als heute, waren bei etwa 1200 bis 1800 Mark, im Mittel grob geschätzte 1500 Mark für einen Hektar guten Ackerlandes. Rechnen wir über den Goldanker in die heutige Währung um. 1500 Mark = 537g Gold, und das sind heute 17700 Euro. Wir sehen hier, dass Ackerland seinen Wert im Wesentlichen knapp behalten hat seit etwa 100 Jahren, denn heute bezahlt man für einen Hektar gutes Ackerland (hier) etwa 13000 Euro und das sind 393g Gold. Ackerland ist etwas günstiger als vor 100 Jahren.
Also: 1 Hektar Ackerland = 537 g Gold (anno 1894).
Was läßt sich aus den Zahlen schließen? Zum einen die Tatsache, daß der Goldpreis heute allgemein zu niedrig ist, denn in wirtschaftlichen Überflußzeiten und jahrzehntelangen Friedensperioden strebt kaum jemand nach Gold, und dessen Preis ist dann entsprechend gering.
Wer heute Geld und Gold in den Händen hat, fragt sich: wie viel Dinge kann ich damit kaufen. Früher fragte man sich hingegen: wie lange kann ich mit der Goldmünze überleben. Konsumieren oder überleben ist ein gewichtiger Unterschied, und dementsprechend hatte das Gold einen anderen Stellenwert als heute.
Immobilien:
Zum anderen schließe ich aus den Zahlen, daß die heutigen Immobilienpreise um den Faktor fünf zu hoch sind. Natürlich sind die heutigen Häuser moderner, stabiler gebaut, und bieten mehr Luxus als die Höfe aus dem 18. Jahrhundert. Das spielt aber beim Preisvergleich keine Rolle. Noch der kleinste Hof war früher ein Betrieb, ein Mittel zum Überleben, eine Existenzgrundlage, eine Voraussetzung zur Familiengründung, während die heutigen Häuser nur zum Wohnen zu gebrauchen sind.
Heute bekommt fast jedermann einen Kredit zum Hausbauen, gleich dazu noch ein neues Auto auf Kredit, und muß keinen Pfennig gespart haben und keinen Finger krumm machen. Vor 200 Jahren galt jedoch: erst sparen, dann kaufen. Hart arbeiten, dann haben. –
Die kommende Wirtschaftskrise wird die Wohnhäuserpreise um den Faktor fünf oder eher zehn nach unten drücken (in Gold gemessen), wenn niemand mehr einen Kredit bekommen wird zum Häuserbauen.
Löhne:
Arbeitswillige Menschen gab es im Überfluß, denn ein jeder mußte arbeiten um zu überleben. Gold war unglaublich schwer zu bekommen, und dementsprechend hoch war sein Preis, gemessen in Arbeit. Das natürliche Verhältnis von Arbeitslohn zu Gold war immer etwa 1 Jahr Arbeit = 100g Gold.
Lebensmittel:
Hier ist für die Zukunft ein gleich bleibender Preis (in Gold) gegenüber heute zu erwarten. Achtung. Das gilt nur für „normale“ Zeiten. In Hungernot und Krieg kann es zu einem Anstieg um das 2 bis 8fache kommen.
Bis zum Ende der kommenden Wirtschaftskrise, also etwa bis zum Jahr 2029, werden wir solche Verhältnisse vermutlich wieder sehen (viel niedrigere Löhne, viel niedrigere Häuserpreise, gleich bleibende Getreidepreise).
Wer kann mir weitere Zahlen liefern, für die Preise von Lebensmitteln, Schweine, Kühe, Fleischpreise, Häusern, Löhnen im 17.- bis 19. Jahrhundert?