Gefahr für die gesamte Wirtschaft
In den USA wächst die Sorge, dass die Krise des Wohnimmobilienmarktes auf die gesamte Wirtschaft übergreift. Monatelang hieß es, größere Auswirkungen seien nicht zu erwarten. Das ist nun vorbei: Der IWF spricht gar von einem Finanzrisiko für die Weltwirtschaft
Washington - Viele Volkswirte und die US-Regierung warnen inzwischen, die steigende Zahl fauler Hypothekenkrediten könnte sich in einem schwächeren Wachstum niederschlagen. "Wir wissen, dass der Häusermarkt in den nächsten sechs Monaten einen Einfluss auf die Wirtschaftsleistung hat", sagte jüngst der Vorsitzende des Wirtschafts-Beratungsausschusses des Weißen Hauses, Edward Lazear.
Warnend erhebt auch der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Stimme. Die Krise auf dem US-Markt für zweitklassige Hypothekenkredite könnte sich laut IWF-Chef Rodrigo Rato auf andere Bereiche der US-Wirtschaft ausweiten. Die Probleme, die die zunehmenden Ausfallraten von Krediten für Schuldner mit schlechter Bonität mit sich brächten, gehörten zu den drei größten Finanzrsiken für die Weltwirtschaft, sagte IWF-Chef Rodrigo am Freitag.
Die US-Notenbank Fed zeigt sich zwar optimistischer - bei der Stellungnahme zur Zinsentscheidung am Mittwoch ließ sie dennoch durchblicken, dass sie die Entwicklung bei den zweitklassigen Hypothekenkrediten (subprime mortgages) genau beobachtet. "Die Fed will sich eine mögliche Zinssenkung damit offen halten", sagte Annette Kamps von der Dekabank. Dies bedeute zwar nicht, dass die Zinsen tatsächlich gesenkt werden. Allerdings sei das Risiko für die gesamte Wirtschaft gestiegen.
Verschärfte Kreditvergabe erhöht die Kapitalkosten
Eine der Auswirkungen der höheren Ausfallraten bei den Krediten an Schuldner mit mäßiger Bonität dürfte sein, dass die Banken grundsätzlich ihre Vergabekriterien verschärfen. War es bis vor kurzem auch für jene mit geringem Einkommen und wenig oder keinem Eigenkapital möglich, ein Darlehen zu bekommen, schauen die Banken nun genauer hin. "Das wird mit Sicherheit die Kapitalkosten erhöhen", sagte Richard DeKaser, Chefvolkswirt bei National City Corp.
Aus einer jüngst veröffentlichten Fed-Studie geht hervor, dass die US-Banken zum Jahresende 2006 in allen Bereichen der Immobilienfinanzierung strengere Kriterien meldeten. Das Ausmaß sei jedoch noch nicht völlig klar und müsse beobachtet werden, schrieb der Citigroup-Volkswirt Steven Wieting in einer Studie.
Der Hypothekenfinanzierer Countrywide schätzt, dass etwa 60 Prozent aller Schuldner mit schlechter Bonität, die einen Subprime-Kredit erhalten haben, diesen unter den vorgeschlagenen strengeren Standards wohl nicht mehr bekommen würden. Allerdings sei das Niveau in den USA zuvor sehr lax gewesen, schränkt Kamps ein. Von den strengen Regeln, denen Häuserkäufer in Deutschland unterworfen sind, waren die USA weit entfernt. Zudem seien die Banken darauf angewiesen, weiterhin Kredite zu vergeben.
Von einer verschärften Kreditvergabe im Subprime-Bereich kann wohl auch kaum die Rede sein, wie Zahlen von ABM Amro zeigen. Während im Jahr 2001 die Subprime Loans noch 5 Prozent ausmachten, waren es nach Angaben der Investmentbank im Jahr 2006 bereits 20 Prozent.
Bauunternehmen spüren bereits die Auswirkungen
Die ersten Opfer der Krise sind die Banken, die sich auf die zweitklassigen Hypothekenkrediten spezialisiert haben: 2006 gaben mehr als 20 Institute auf, in diesem Jahr folgten weitere. Der größte unabhängige Anbieter solcher Darlehen, New Century , ist von einer Insolvenz bedroht.
Auch die Baufirmen bekommen die Turbulenzen zu spüren. So brach der Gewinn des fünftgrößten US-Bauunternehmens KB Home um 84 Prozent auf 27,5 Millionen Dollar ein. Das Unternehmen warnte angesichts der zu erwarteten hohen Zahl von Zwangsversteigerungen mit fallenden Häuserpreisen, was die Geschäfte der Firma direkt belasten könnte.
Vor den Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt warnt der Personalberater John Challenger von Challenger Gray and Christmas: "Die Arbeitgeber brauchen dringend Leute. Aber der Kandidat will oder kann womöglich sein Haus nicht verkaufen." Ohne die Option, für eine neue Stelle umzuziehen, müssten die Menschen aber wohl ihren Konsum einschränken.
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