Es ist nicht so einfach, sich in der Zypern-Krise klar auf eine Seite zu stellen.
Stimmt. Daher sollte man sich von Grundprinzipien leiten lassen, die unabhängig von kurzfristigen Entwicklungen sind. Ich persönlich halte es zum Beispiel für grundfalsch, legal erworbenes und versteuertes Vermögen willkürlich zu konfiszieren. Und das gilt auch für Vermögen, die weit jenseits der 100.000 EUR liegen.
Mir ist es persönlich egal, ob das Geld in der Bank einem Zyprioten, Deutschen, Briten oder Russen gehört. Wenn es nicht an geltenden Gesetzen vorbei "gewaschen" wurde, warum soll der Anleger die Eurorettung bezahlen? Ich bin auch gegen eine Rettung von Banken auf Kosten der Steuerzahler. Oder anders herum ausgedrückt: ich bin für die Haftung der Eigentümer dieser Bank.
Außerdem bin ich für den Grundsatz, dass Risiko und Verantwortung (= Haftung) zusammenfallen sollten. Und dass Marktkräfte möglichst uneingeschränkt wirken können - ein freier Markt regelt viele Dinge selbst. Nicht immer schonend und nicht immer so wie es sich viele Gutmenschen wünschen. Soziale Härten, die damit verbunden sind, kann und sollte man abfedern. Inwieweit man sie abfedert und was man im Einzelfall als soziale Härte definiert, ist Sache der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Diese wiederum bedingt eine freie Auseinandersetzung verschiedener Ideen und Möglichkeiten. Sie ist jedenfalls klar das Gegenteil der häufig postulierten "Alternativlosigkeit"!
Konkret auf Zypern bezogen bedeutet das aus meiner Sicht: wenn ich am Markt höhere Zinsen und niedrige Steuern anbiete und infolge dessen die Anlagequote überproportional steigt, ist das eine normale Marktreaktion. Nichts, was man bekämpfen müsste.
Dass mit höheren Erträgen auch ein höheres Risiko verbunden ist, muss den Anlegern klar sein. Wenn nun das Geschäftsmodell auf Grund läuft, muss es möglich sein, dass die Banken pleite gehen. Dann darf der Steuerzahler nicht haften müssen. Der Anleger wird dann mit vielleicht 100 % an der Krise beteiligt - das ist sein Risiko. Aber er wird eben auch nicht von Eurokraten und Parlamentariern (teil-)enteignet. Er darf nicht enteignet werden, um eine völlig falsche "Rettung" zu finanzieren! In der Sache ist das ein fundamentaler Unterschied. Selbst dann, wenn unter dem Strich beim Anleger weniger Geld übrig bliebe.
Eine mögliche Härtefallregelung könnte den Kleinanlegern einen Teil des verlorenen Kapitals ersetzen (Einlagensicherung). Aber danach könnte sich der Markt wieder frei entfalten und wäre nicht unsäglich gegängelt und deformiert, weil man mit Steuerzahlergeld künstlich verlängert, was wirtschaftlich nicht tragbar ist.
Ich habe auch Verständnis für die Russen, Briten oder Zyprioten, die bei der Sache Geld verlieren würden. Aber zumindest die ausländischen Investoren haben eine bewusste Anlageentscheidung getroffen, als sie ihr Geld in Zypern investiert haben. Chance = Risiko. Menschlich verständlich, aber in der Sache wäre eine Rettung der Investoren und Banken mit Geldern Unbeteiligter nicht vertretbar.
Ich halte diese ganze Euro-Retterei für völlig verkorkst. Man versucht zwanghaft etwas zu verlängern, was der Markt als nicht tragbar identifiziert hat. Das ist so, als ob Wasser bergauf fließen soll. Kann man machen. Kostet aber Energie und ständigen Einsatz. Und die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Einsätze immer weiter gestiegen sind.
Was die aktuelle Berichterstattung in den Medien betrifft, so muss man beachten, dass die Eurozone gegenüber Zypern eine eiskalte Politik fährt. Entsprechend sind die Vokabeln in der Presse. Steueroase, Schwarzgeld, Mafia etc. Wer könnte nicht dagegen sein? In Wahrheit will die Eurozone möglichst einheitliche Rahmenbedingungen bei der Besteuerung und den Investitionen durchsetzen. Denn sie sind Voraussetzung für einen gemeinsamen Währungsraum. Damit sind wir wieder beim eigentlichen Verursacher der Krise: dem Euro. Man versucht nun nachträglich zu kitten, was bereits bei Gründung der Eurozone nicht zusammengepasst hat.
Für Zypern und unsere marktwirtschaftliche Grundordnung wäre es besser, wenn Zypern aus dem Euro austräte, die Banken pleite gehen und das Land unter eigenen Gesetzen einen Neuanfang starten könnte. Sollte der Euro dadurch zerfallen, wäre es für die Demokratie in Europa und das friedliche Zusammenleben der Völker ein Segen.