=> Oh - wir begeben uns nun in wirtschaftsphilosophische Sphären.
Nein, wir bleiben ganz nüchtern und trocken auf dem Boden des Eigentumsrechts. Und auf dem wolltest du mir gerade erzählen, wie du ohne Notar und Grundbuch ein Haus in Deutschland kaufst und fortan dein "Eigentum" nennst. Das ist weder theoretisch noch philosophisch, das ist sehr, sehr praktisch.
=>Nun denn: Richtig ist, dass "Eigentum" ohne eine staatliche Garantie (also de facto eine Schutz- und Verteidigungsgarantie) nichts wert ist und damit nicht existieren kann. Habe ich nie bestritten und würden Goldbugs nie widersprechen.
Das ist falsch, tut mir leid. Es geht nicht um "Schutz" und "Verteidigung", sondern es geht bereits um den "Erwerb" von Eigentum. Du wirst ohne den Staat bzw. dessen Rechtsordnung nicht der Eigentümer von überhaupt irgendwas, noch nicht mal der läppischsten Packung Kaugummi an der Supermarktkasse. Du wirst ohne ihn maximal "Besitzer", und den Unterschied muss ich hier hoffentlich niemand erklären.
Für Freunde des altrömischen Rechts: "Possessio in facto non in iure consistit"
=> Der schlanke Nachtwächterstaat war nie unser Problem - ist nur leider bei heute schon 60+% Staatsquote weit weg von der Realität.
Ich bin kein Verfechter des großen, übermächtigen Staates. Was hätte das damit zu tun?
=> Leider bist Du zunehmend inkonsistent in Deinen Aussagen, was wohl eine Folge der Verrenkungen ist, die man machen muss, wenn Gegenargumente kommen. So schreibts du zB erst vor wenigen Tagen:
Ich weiss zwar nicht mehr genau, wo ich das geschrieben habe, aber vermutlich ging es um den Umstand, dass in einem fiat money System die Staatschulden als primäres Beleihungsmedium der Grund allen Übels sind. Weil Staatschulden und Zinsen darauf eben nicht wirklich getilgt, sondern immer nur vorgetragen und weiter aufgeschuldet werden.
Was hätte das mit der Diskussion von "Eigentum" zu tun? Es braucht keinen großen Staat, um eine vernünftige Eigentumsordnung zu gewährleisten. Es braucht wohl einen "starken" Staat, aber das hat nichts mit Größe oder Anteil Staatsausgaben am BIP zu tun. Wer den Unterschied nicht kennt, soll Fukuyama lesen, aber keinen Unsinn verzapfen.
=> Ja was denn nun? Viel Staat, absoluter Staat (Zentralkommunismus? ) - oder doch gar kein Staat?? Wenn Du Dich entschieden hast, reden wir weiter.
Wo - außer in deiner Phantasie - hätte ich für eines der drei obigen plädiert? - Aber wenn's hilft: ich bin für einen schlanken Staat, der in seinen beschränkten Kompetenzen aber voll handlungs- und durchsetzungsfähig ist, also insoweit ein "starker" Staat ist.
=>Solange plädieren wir für den schlanken Staat, der über einen GOLDstandard physikalisch diszipliniert werden muss, weil er sonst die Tendenz dazu hat, immer dicker, umfassender, Nanny-mäßiger und totalitärer zu werden, weil über sein Kredit-basiertes Papiergeld die totale Zentralmacht und die totale Überwachung und die zugehörigen Büttel bezahlen werden können.
Plädieren kannst du ja, wofür oder wogegen du möchtest. Dass ich persönlich keineswegs ein Anhänger des "Wohlfahrtsstaates" bin, ist auch in diesem Forum mehr als ausreichend dokumentiert. Das ist aber völlig belanglos, solange politische Mehrheiten was anderes wollen. Daher wird es so kommen, wie es bisher in der Geschichte immer gekommen ist. Die Zeichen an der Wand sind dafür übrigens längst sichtbar, und wer sie partout nicht sehen will, dem kann ich nicht helfen.
=> Erstens sehe ich in der Tat meine Kinder als Teil meiner Selbst an und sehe sie daher durchaus als automatische Nachfolger und Erben meiner Lebensleistung an...
Schön. Ackermann hat auch Kinder, werden die automatisch Nachfolger im Vorstand der Deutschen Bank? - Wenn nein, warum - auf Basis deiner Begründung - nicht?
=> ... zweitens ziehe ich aus der Tatsache, dass nach mir noch was kommt, durchaus einen Teil meiner Leistungsmotivation [Du nicht - hast Du heute ja im Gelben schon klargestellt] ...
Das ist ja in Ordnung, aber das ist dennoch deine Motivation, und nicht die deiner Kinder. Alles was dich als Person betrifft, erlischt aber mit deinem Ableben. So simpel ist das. Du baust ein Haus, erweiterst es, legst einen wunderschönen Garten an, für die Nachwelt, weil das motiviert dich total, du stirbst, deine Kinder pfeifen auf deine Motivation weil sie die Kohle lieber für was anderes ausgeben und verkaufen die Hütte daher an den Nächstbesten. Warum also sollten sie das als "free lunch" bekommen?
=> ... drittens sehe das nicht nur ich so, sondern vermutlich 90% der Bevölkerung und daher auch die Vererbungsgesetze von 95% aller Staaten (ex Kuba und Nordkorea) ...
Selbst wenn dem so wäre (was es definitiv nicht ist): wofür wäre das denn die Begründung?
=> ... und viertens: Selbst wenn wir hier uns darauf einigen würden, dass wir das künftig nicht mehr so sehen und Vererbungen verbieten bzw. prohibitiv besteuern: Was glaubst du wohl, wie die Familien dieser Welt (sowohl die bürgerlich-besitzenden als auch insbesondere die SEHR vermögenden/einflussreichen) damit umgehen würden?
Die politischen Mehrheiten wären ziemlich stark dafür, weil die ja nicht negativ davon betroffen wären, sondern tendenziell die Begünstigten. Bei aktuellen Freibeträgen im Erbrecht zahlt doch so gut wie niemand aus dem einfachen Bürgertum Erbschaftssteuer, und aus der Arbeiterschaft sowieso nicht. Das also politisch hinzukriegen, wäre ja wohl überhaupt keine Schwierigkeit.
=> Diese Kollapse (damit sind wir wieder beim Threadthema ) waren keine Folge des ERBrechts, sondern zumindest in der ökonomischen Neuzeit (und über die sprichst Du doch immer) der Zinseszins-Aufhäufungen im pervertierten Papiergeldsystem.
Aber geh, das ist ja völliger Blödsinn. Unter Lykurg in Sparta und hernach in Athen war es Silber, um das es ging. Unter Hammurabi in Mesopotamien war es Gold. Bei den "Roma quadrata" des Romulus ging es um Grund und Boden. Romulus hat bekanntlich seinen Bruder erschlagen, weil der dieser Bodenreform nicht zustimmen wollte und sich gar darüber lustig gemacht hatte. Bei den römischen Reformern vom Schlage eines Julius Cäsar ging es um Gold sowie Grund und Boden. In diversen afrikanischen und südamerikanischen Reformen ging es um Grund und Boden, im Lollardenaufstand in Großbritannien im 13. Jhdt um Grund und Boden.
=> Ansonsten passt die Prognose der regelmäßigen sozialistischen (="umverteilenden") Revolution gut zu Deiner neuerdings offenen sozialistischen Einstellung.
Ja, genau. In 140 Beiträgen meines Blogs und an die 200 hier im Forum habe ich mich sicherlich als Sozialist geoutet, ganz eindeutig sogar ...
=>Auch der Goldbug erwartet den Kollaps. Aber muss es unbedingt die SOZIALISTISCHE Revolution sein? Du selbst siehst Dich zwar offenbar http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=20165 gar nicht in der Marx´schen Revolutionstradition:
Nein, ich sehe mich keineswegs in der Marx'schen Tradition, und jeder echte Marxist würde ob deiner Frage umfallen vor Lachen. Die Marxisten wollen die Überwindung des Eigentums, schon vergessen? Ich rede von der Vermeidung einer Konzentration von Eigentum über die Generationsgrenzen hinweg. Der Unterschied sollte erkennbar sein.
Ups, da steht's ja auch, soweit hatte ich noch gar nicht gelesen.
=>... aber diese subtile Unterscheidung zwischen "Eigentumsverteilung" und "Eigentumsüberwindung" ist -entschuldigung- mal wieder MODELLTHEORIE. Falls es noch nicht bemerkt wurde: Bei 60+% Staatsquote und fast 20% Inflationspotenzial p.a. SIND wir schon SEHR TIEF in der "Eigentumsumverteilung". Wer hier NOCH mehr fordert, will eben doch ganz sozialistisch das Eigentum ÜBERWINDEN.
Die Unterscheidung ist nicht nur möglich, sondern kardinal: die Marxisten wollen damit bekanntlich den Kapitalismus abschaffen, ich möchte ihn hingegen erhalten. Die Zielsetzung könnte ja wohl konträrer nicht sein. Wir sehen aktuell, auch in Deutschland, ein rasantes Anwachsen der "Have nots". Das ist kein stabiler Zustand, wie sich in diversen Weltgegenden oder selbst in Vororten europäischer Großstädte wie Paris regelmäßig beobachten lässt. Insoferne kann man als denkender Mensch nicht so tun, als wäre alles in Butter, schon aus reinem Selbsterhaltungstrieb heraus nicht.
Und was die Staatsquote betrifft, ich schrieb im selben Posting, aus dem du dir deine Zitate geholt hast, dass die laufenden Steuern im Gegenzug zu einer dramatisch höheren Erbschaftssteuer gesenkt werden sollten. Und das kommt nicht von ungefähr, sondern aus genau der Überlegung, dass das Eigentum desjenigen, der es zu seinen Lebzeiten erworben hat, möglichst wenig beeinträchtigt werden sollte, sodass er selber möglichst viel daraus machen kann, was indirekt ja auch der Gesellschaft zugute kommt (über mehr Arbeitsplätze und diverse Umwegrentabilitäten). Ich plädiere ja keineswegs dafür, einem ohnehin schon zu gefräßigen Staat jetzt auch noch mehr in den Rachen zu werfen.