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Original von PMChris
Dann probier ichs mal. Schulden sind die Möglichkeit von Konsum oder Güter schaffen jetzt, gegen Bezahlung später.
Stimmt, aber das war nicht die Frage.
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Also Kommune A benötigt eine neue Brücke die ist sagen wir mal 2000 Arbeitstunden teuer. Bargeld haben sie keins also nehmen sie einen festverzinslichen Kredit auf zu sagen wir 5% Zinsen und tilgt den Kredit in einem Rutsch in 30 Jahren. Die Hausbank hat kein Problem damit, rechnet mit der Rückzahlung und schafft gegen 8% Reserven ihrer Einlagen aus dem Nichts das Geld für die Brücke.
8% halte ich für etwas übertrieben, sagen wir mal eher 2%, aber egal. Die Kommune A hat jetzt den Gegenwert von 2000h zu Marktpreisen im Anschaffungszeitpunkt an Schulden.
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Jedes Jahr wird 5% Zinsen gezahlt also die Brücke nominal in Zinsen 1,5x. Gezahlt wird aus den Steuereinamen.
In der Praxis zahlt die Kommune selbstredend nicht aus Steuereinnahmen, sondern aus zusätzlicher Verschuldung. Aber OK, ich will mal nicht so sein: sie zahlt also aus Steuereinnahmen, schöpft somit gegenüber dem Zeitpunkt, wo sie die Brücke angeschafft hat, Kaufkraft ab. Und zwar entweder, weil sie die Steuern um den Zinsbetrag erhöht hat, sprich die Privaten jetzt weniger kaufen können. Oder weil sie die Steuern nicht erhöht, aber im Haushalt entsprechend umschichtet, weg von eigenem Konsum hin zu Zinszahlung.
Frage: in dem sie dem Markt dergestalt Nachfrage entzieht, wird es wirklich zur Inflation kommen ? - Wohl eher nicht, oder ? Es ist jetzt definitiv weniger Geld für Konsumnachfrage da, das ist aber - ceteris paribus - eher deflationär als inflationär.
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Die steigen inflationsbedingt nominal jedes Jahr um 10% parallel mit der Geldmenge (sagen wir mal M3) zur Tilgung.
Wie kömmt's ? Die am Markt präsente Kaufkraft ist doch geringer als vorher, wie soll da Inflation überhaupt entstehen ?
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Nach 30 Jahren wird die Summe zurückgezahlt, nominal noch das Gleiche, aber wegen der 10% Inflation über 30 Jahre nur noch den Gegenwert von 2000h / 17,44 = 115 Arbeiststunden. Entwertungsfaktor durch Inflation 1,10 hoch 30 = 17,44. Zinsen fallen an 5% also 2000*0,05= 100h im ersten Jahr. 90,9h im zweiten Jahr 82,6 usw. nach 30 Jahren insgesamt 1036h. Also durch den Trick muß für für die Brücke nicht der Gegenwert von 2000h Arbeit aufgewendet werden sondern nur 1036h+115h=1151h
Schön wär's. In deinem Beispiel ist die VoWi der Kommune leider bereits nach 2 Runden deflationär implodiert. Die Kommune ist pleite.
Du hättest wie folgt argumentieren müssen, um überhaupt mal die Inflation zu "zünden": die Kommune kauft sich also die Brücke um diese 2000 Arbeitsstunden, bewerten wir die Stunde in t0 mal mit 10, kostet die Brücke in t0 also in Geld einen Betrag von 20.000. Das sind unsere Anfangsschulden, die wir jetzt "inflationär" abbauen wollen. Die 10 sagen wir entsprechen dem Gegenwert dessen, was ein am Brückenbau beteiligter Arbeiter an Gütern konsumiert, er hat also keine eigene Ersparnis. Das Basispreisniveau in der Kommune, bezogen auf den relevanten Warenkorb an Konsumgütern, ist somit also 10.
Wie können wir die 10 steigen lassen, also Inflation erzeugen ? In dem irgendwer in t1 daherkommt und sagt: ich will jetzt nicht den Gegenwert von 1 Brücke bauen (i.e. 2000 Stunden), sondern den Gegenwert von zB 2 Brücken (= 4.000 Stunden). Ich erzeuge also eine Nachfrage nach insgesamt 4000 Stunden, und schaffe damit Einkommen (=Lohnzahlungen an Arbeiter für 4000 Stunden), welches wiederum Nachfrage von entsprechend vielen Konsumgütern erzeugen wird. D.h. das allgemeine Preisniveau in der Vowi der Kommune steigt, und zwar simpel und einfach wegen der gestiegenen Nachfrage, i.e. zunächst nach Arbeitsstunden und über die Arbeitsstunden nach Konsumgütern.
Aufgrund der verdoppelten Nachfrage nach Arbeitsstunden wird der Stundensatz steigen. Nehmen wir der Einfachheit halber an, er verdoppelt sich ebenfalls auf 20. Du hast also jetzt insgesamt 4000 Stunden à 20, also einen Gegenwert von 80.000, was einem Wachstum von 60.000 gegenüber den 20.000 in t0 entspricht. Von den 60.000 sind 20.000 (= (4000-2.000) x 10) realer Zuwachs, und 40.000 (4.000 x (20-10))= 40.000 rein inflationärer Zuwachs. Die Inflation, die wir also gerade in Periode t1 vom Stapel gelassen haben, ist krass, sie liegt bei 50% (Probe: 20.000/0,5 = 40.000). Oder, mit anderen Worten, von unserem neuen BIP in t1, dass mit 80.000 gegenüber 20.000 in t0 sehr imposant daherkommt, sind 40.000 ein rein inflationärer Effekt, und läppische 20.000 entsprechen realem Wachstum.
Und damit hätte ich jetzt auch mein Geld um rund 50% entwertet, d.h. wo ich mir vorher für 20.000 einen Gegenwert von 2.000 Stunden kaufen konnte, kann ich mir jetzt für 20.000 gerade mal 1.000 Stunden kaufen. Und weiters: wenn die Kommune die neuen Einkommen besteuert, dann bekommt sie also auf die gleichen realen Einkommen jetzt eine doppelt so hohe Steuer (Progression lassen wir aussen vor), und insoferne kann sie ihre Schulden supie einfach in der Hälfte der Zeit zurückzahlen ....
Soweit alles klar ? - OK. Du siehst den Krügerrand bereits als deinen an ? - Muß dich leider enttäuschen ...
Die allesentscheidende Frage lautet nämlich wie folgt: wer in dieser Vowi hat denn 4.000x20=80.000 Geldeinheiten, um jetzt diese 2 Brücken zu beauftragen ? ... Antwort: niemand. Die Arbeiter, die all diese Stunden abarbeiten, können sie nicht haben, weil die haben ja ihre ganze Knete für den Konsum ausgegeben (weil sonst hätten wir ja die Inflation nicht). Und die Kommune hat das Geld selbstredend auch nicht, weil sie mußte sich ja schon für einen deutlich niedrigeren Betrag (20.000 aus der 1. Runde) einen Kredit aufnehmen, wie sollte sie also jetzt einfach mal so locker und lässig die 80.000 aus dem Ärmel schütteln ? - Also woher kommt die Knete, damit unsere schönes Infla-Spielerchen tatsächlich so funzt wie beschrieben ?
Die Antwort lautet: die Bank hat die Knete, sonst niemand. Die Kommune, oder irgendein anderer, der zufällig gerade 2 Brücken benötigt, marschiert also zur Bank und holt sich den Kredit über 80.000. Bank is happy, weil Schuldner ist kreditwürdig, also why not ... und jetzt flutscht die Geschichte, genauso, wie oben dargestellt.
OK, jetzt deine Frage: kriege ich jetzt den Krueger ? - Antwort (du ahnst es bereits, nicht wahr?): .... leider nein.
Warum ? Schlicht und ergreifend deshalb, weil das nicht meine Frage war ... die lautete nämlich: "Wie kann ich durch Inflation die Schulden einer VoWi reduzieren, sie quasi "entschulden", wie das immer so gerne behauptet wird, landauf, landab, in den Zeitungen, auf n-tv, etc ... ?" - Und die simple, aber leider in der Praxis der westlichen Staaten sehr dramatische Antwort lautet: gar nicht. Im Gegenteil: die Schulden werden umso höher, je höher die Inflationsraten ansteigen.
Wir zählen mal die Schulden in Runde 2 in unserer kleinen Kommune zusammen: da wären die 20.000 in t0 (Laufzeit 30 Jahre), die die Kommun selbst gemacht hat. Und dann wären da noch die 80.000 in t1, die entweder die Kommune oder irgendein anderer gemacht hat. In Summe haben wir also in t1 jetzt 100.000 an Schulden ... das ist mehr, als 20.000, oder ?
Damit verbleibt der Kruegerrand leider bis auf weiteres bei mir.
Übrigens: die beiden Tranchen, also die 20.000 aus t0 und die 80.000 aus t1, sind jeweils für sich "real" nicht das gleiche wert. Die Kommune bedankt sich selbstverständlich, dass sie ihre 20.000 jetzt auf einem Preisniveau von 20 statt einem von 10 tilgen darf, also simplifiziert gesprochen doppelt so schnell tilgen kann, als geplant. Aber auf der gesamten Volskwirtschaft lasten jetzt auch die anderen 80.000, und für die ergibt sich überhaupt kein Infla-Effekt, die sind zu 20 entstanden und zu 20 zurückzubezahlen (weitere Inflationsrunden nach t1 mal außen vor gelassen). Mit anderen Worten: auf der VoWi dieser Kommune lasten jetzt zum Preisniveau in t1 die vollen 80.000 an Schulden aus t1, und die "halben" Schulden aus t0, sprich 10.000. In Summe also 90.000. Diese 90.000 müssen jetzt abgetragen werden, unter exakt genau denselben realen Wertmaßstäben wie in t0. Sprich die effektive, vergleichbare Schuldenlast zu t0 ist 4,5x so hoch wie vorher.
Wir können daher hier auch abkürzen, weil niemand wird sich diesen Kruegerrand oder den Maple Leaf verdienen können, da die simple Wahrheit wie folgt lautet:
In einer Inflation können existierende Schulden keineswegs "abgebaut" werden, sondern sie können lediglich durch noch höhere Schulden "entwertet" werden. Diese noch höheren Schulden sind dann aber in der Regel real deutlich erdrückender, als die Ersparnis, die sich durch die Entwertung der alten Schulden einstellt. Die "benign inflation" ist deshalb keineswegs was "angenehmes", sondern sie ist der Turbo zur Katastrophe.
Aber dennoch, PMChris, der Versuch ehrt dich ...