etwas in der art hätte ich schon früher erwartet.
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Notenbanken diskutieren über Kauf minderwertiger Wertpapiere
Von Tim Höfinghoff und Christian Siedenbiedel
22. März 2008
Der Vorstoß soll von der Bank of England kommen. Ganz ausgefeilt ist er noch nicht, aber er zeigt das Ausmaß der Verzweiflung: Auf beiden Seiten des Atlantiks diskutieren die Notenbanken jetzt darüber, ob sie die minderwertigen Wertpapiere aufkaufen sollen, die in der Bankenkrise gerade massiv an Wert verlieren. Und ob sie im Gegenzug sichere Papiere an Banken ausgeben. Es wäre wohl die größte Rettungsaktion aller Zeiten.
Möglich wäre sie nur mit Unterstützung aller betroffenen Regierungen. Allein in Europa müssten 15 Länder zustimmen. „Das ist wohl noch sehr vage, auf uns ist bis jetzt noch keiner zugekommen“, sagte ein Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Samstag. Nach Einschätzung der „Financial Times“ wird heute schon über einen Fonds diskutiert, der von den jeweiligen Regierungen aus Haushaltsmitteln gefüllt wird und die schlechten Papiere kauft.
Schon einmal im Gespräch gewesen
Eine solche „Bad bank“, die heikle Engagements bündelt, war bereits in der vorigen Bankenkrise 2003 im Gespräch. Damals diskutierten mehrere Banken, ob sie schwache Kredite, deren Rückzahlung fraglich war, an die „Bad Bank“ abgeben könnten, eine Institution mit staatlicher Unterstützung. Die Idee scheiterte letztlich an politischem Widerstand.
Heute ist die Ebene eine andere: Da fragen sich die noch einflussreicheren Notenbanken, ob sie die Wertpapiere kaufen sollen, die auf solchen schlechten Krediten aufgesetzt sind. Bereits in den vergangenen Wochen haben die Notenbanken begonnen, schon solche Wertpapiere als Sicherheiten zu akzeptieren - wenn sie Kredite an Banken ausgaben. Obwohl sie wissen, dass die derzeit kaum wieder verkäuflich sind. Allerdings waren das vor allem Papiere, die zu Unrecht mit in den Strudel der Krise gerissen wurden. Etwa Obligationen von amerikanischen Kommunen, deren Rückzahlung relativ sicher ist. Solche Papiere wurden zusammen mit den heiklen Hypothekenpapieren herabgestuft. In ihren ersten Rettungsaktionen hat die amerikanische Notenbank solche Papiere schon gegen stabile amerikanische Staatsanleihen umgetauscht.
Notfalls muss der Steuerzahler einstehen
Wenn die Notenbanken jetzt über einen Fonds die Papiere aufkaufen wollen, heißt das: Notfalls muss der Steuerzahler mit Milliarden für die Ausfälle einstehen. Bankvorstöße in diese Richtung haben in den vergangenen Tagen schon einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen: Als Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ein Eingreifen des Staates in die Krise forderte, hagelte es vom DGB bis zur Bundesbank Kritik. Ackermann entgegnete darauf im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstagsausgabe): „Meine Meinung ist, dass es relativ lange dauert, bis Amerikas Häusermarkt zu einem neuen Gleichgewicht findet“, deshalb sei dort eine „konzertierte Aktion von Regierung, Notenbank und Marktteilnehmern notwendig“.
Der wilde Aktionismus auf der Suche nach Rettung zeigt, wie schwierig die Deutung der Krise ist: „Es ist bis heute so, dass diese Krise nicht richtig verstanden wird“, meint Jan Pieter Krahnen, Direktor des Center for Financial Studies (CFS) an der Frankfurter Universität. „Das erklärt auch, warum es so viele Überraschungen gibt.“ Zudem vollzieht sich die Krise weitgehend im Verborgenen: Es gibt keine Menschenschlangen vor den Banken, auch auf den Konten der meisten Menschen passiert fast nichts. Aber, so sagt Thomas Hartmann-Wendels, Bankenexperte an der Universität Köln: „Erst merkt man nichts, und dann ist plötzlich eine Bank pleite.“
Krugman: Bankenkrise erschüttert Finanzsystem im Fundament
Trotzdem erschüttert die Bankenkrise das Finanzsystem in seinem Fundament – so stark wie seit den dreißiger Jahren nicht mehr, schreibt der amerikanische Ökonom Paul Krugman. Ausgehend vom amerikanischen Immobilienmarkt, hat sie immer mehr Wertpapiermärkte erreicht. Die fünftgrößte amerikanische Investmentbank Bear Stearns hat sie schon in die Knie gezwungen.
Wer ist schuld? Die Komplexität der modernen Finanzprodukte, lautet häufig die Antwort. Ob Banken, Hedge-Fonds oder Private-Equity-Firmen: Sie hantieren mit Produkten, die kaum noch einer durchschaut. Viele haben sich als hochriskant herausstellt. „Besorgniserregend ist nicht nur, dass viele von uns diese Risiken nicht verstehen, sondern offenbar viele Chefs der Finanzinstitute auch nicht“, kritisiert Harvard-Ökonom Josh Lerner.
„Die Anreize waren falsch“
Krahnen meint, es sei der Kern der Krise, dass diese modernen Finanzprodukte falsch konstruiert waren. „Die Anreize waren falsch.“ Wer einen Kredit an einen Bauherren vergab, behielt selbst kein Risiko zurück, da er alle Forderungen weiter verkauften konnte. Somit hatte er kein Interesse, darauf zu achten, dass er nur guten Schuldnern Geld lieh. Und er hatte kein Interesse, sich darum zu kümmern, dass der Schuldner weiterhin in der Lage blieb, seinen Kredit zu tilgen. Ähnlich falsch seien die Anreize bei vielen modernen Finanzprodukten gesetzt: „Das war einfach ingenieurmäßig falsch konstruiert.“
Jetzt ist der Handel mit dieser „toxischen Masse“, den heiklen Papieren, zum Erliegen gekommen. Denn niemand kann noch ihren Wert ausmachen. „Mit diesen Wertpapieren ist es im Augenblick wie mit Gebrauchtwagen“, erklärt Krahnen. Wenn die Käufer von Gebrauchtwagen die Qualität nicht ausreichend beurteilen können, bieten sie für gute wie für schlechte Autos gleich viel. Das ist ein typisches Marktversagen und führt zum Teufelskreis: Die Verkäufer guter Autos ziehen sich zurück, weil ihre Preisvorstellungen nicht erfüllt werden. Zurück bleiben die Verkäufer schlechter Autos. Die Folge: Der Preis, den Käufer zu zahlen bereit sind, sinkt weiter.