@ Earnie: Lies Dir mal den beiliegenden Artikel der Welt durch. Ich denke, er wird Dir Aufschluss geben, wie die "Elite" das Problem Staatsverschuldung formaljuristisch korrekt zu lösen gedenkt 
Gruß
Schwabenpfeil
Bittere Rechnung
Der demografische Wandel könnte angesichts der steigenden Staatsverschuldung zur Inflationsfalle werden
von Thorsten Polleit
Einmal im Jahr treffen führende Zentralbanker, Politiker und Wissenschaftler im beschaulichen Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming zusammen, um über drängende globale Probleme zu sprechen. Die Tagesordnung dieser Treffen ist meist ein guter Gradmesser dafür, was die Notenbanker besonders bedrückt. So auch am vergangenen Wochenende, als die Währungshüter ein besonders brisantes Thema erörterten: der globale demografische Wandel und seine Folgen.
Die Zentralbanker sorgen sich zu Recht. Denn je weiter der demografische Wandel voranschreitet, desto größer wird angesichts der hohen Staatsschulden die Gefahr, dass der Konsens für stabiles Geld untergraben wird. Die USA, der Euro-Raum und Japan stehen vor ähnlichen Problemen: Die Zinszahlungen auf die aufgenommenen Staatskredite und die Zahlungen aus den staatlichen Vorsorgesystemen werden für die Steuerzahler immer erdrückender. Diese Misere dürften der anstehende Demografiewandel und seine möglichen Folgen noch verschärfen.
Doch obwohl allen längst klar sein dürfte, dass umgelenkt werden muss, ist genau das den meisten Ländern bisher nicht gelungen. Staatliche Wohltaten zu kürzen oder Steuern zu erhöhen sind äußerst unpopuläre Maßnahmen für Politiker, die wieder gewählt werden wollen. Zudem veranlasst eine drohende Überschuldung die Regierungen meist nicht etwa dazu, die Ausgaben zurück zuführen. Stattdessen wird der Druck auf die Zentralbank verstärkt, mehr Inflation zuzulassen. Denn die "Inflationssteuer" reduziert die reale Staatsschuld. Dies funktioniert auch, wenn staatliche Verbindlichkeiten wie zum Beispiel Pensionen an die Inflation gekoppelt sind - und zwar dann, wenn der Inflationsausgleich mit Zeitverzögerung erfolgt. So eine Politik dürfte allerdings in ständig steigender Inflation enden.
Inflation ist ein gesellschaftliches Übel. Die Kosten sind beträchtlich. Der Preismechanismus, das Nervenzentrum der Marktwirtschaft, büßt seine Leistungsfähigkeit ein. Es kommt zu Fehlentscheidungen, die Wachstum und Beschäftigung schwer schädigen. Willkürliche Umverteilungen zwischen Gläubigern und Schuldnern stellen sich ein: Erstere werden enteignet, letztere bereichert. Inflation zerrüttet so das Vertrauen und den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft.
Wenn also niedrige Inflation auch künftig gesichert bleiben soll, darf sich die öffentliche Meinung nicht dem Trugschluss hingeben, dass das Erheben der Inflationssteuer die billigste Form der Entschuldung sein könnte. Denn ohne den Rückhalt der breiten Bevölkerung wird eine Politik des stabilen Geldes nicht durchzuhalten sein. Und ist die Staatsverschuldung erst einmal vollends aus dem Ruder geraten, wird eine Inflationspolitik nahezu unausweichlich. Umso wichtiger ist es, zu verhindern, dass sich die Staaten sehenden Auges in eine Überschuldungssituation hinein manövrieren. Der nach wie vor ungehemmte Anstieg der Staatsschulden zeigt aber leider, dass die Aufklärung der Zentralbanken bislang noch nicht hinreichend gefruchtet hat. Doch je länger die daraus resultierenden Gefahren unterschätzt werden, desto bitterer wird am Ende die Rechnung für alle ausfallen.
Der Autor ist Chefökonom Deutschland bei Barclays Capital, und Professor an der Hochschule für Bankwirtschaft, Frankfurt
Artikel erschienen am Mi, 1. September 2004