Zitat von Lupus
Ich schreibe es gerne, nein ungerne noch einmal: über 26000 Tote durch Erdbeben/Tsunami, 0 Tote durch den Folgeschaden im AKW.
Jeder vernunftbegabte Jugendliche weiß, dass in Hiroshima und Nagasaki eben nicht alle Einwohner sofort gestorben sind - nur in einem bestimmtem Umkreis des Einschlages. Und es wird wohl niemand bestreiten wollen, dass atomare Strahlung sehr üble Langzeitfolgen hat, das ist ja auch längst wissenschaftlich erwiesen. So setzt sich ein eingeatmetes Körnchen Plutonium sogar in den Genen fest. Dieses wird an die Kinder vererbt und die Kinder vererben dies wiederum an ihre Kinder - die Langzeitfolgen sind also noch nicht einmal nach dem Tod der Betroffenen erledigt. Viele US-Kriegsveteranen sind übrigens von diesem Phänomen betroffen. Auch der Zusammenhang zwischen der stark erhöhten Krebs- und Mutationsrate im Bikini-Atoll mit diesen irren "Atomversuchen" ist hinreichend geklärt. Auch die Bilder aus der Tschernobyl-Region sind hier im Thread verlinkt. Dein Vergleich ist im Grunde eine surreal anmutende Bewertung der Frage, was denn "besser" wäre: ein rascher Tod, ein Kind mit zwei Köpfen oder höllische Schmerzen und jahrelanges Siechtum. Und an diesem Punkt geraten wir ein wenig in den Bereich der Philosophie.
Die Folgen von Fukushima können selbst Experten noch nicht abschätzen und es ist auch leider noch lange nicht "vorbei" - was die Bilder von dem Schutthaufen mit den Überresten eines grünlichen Krans mittendrin ohne erkennbaren Wasserspiegel, welches ursprünglich einmal das Abklingbecken in Block 4 war, ja sehr eindrücklich belegen. Das Abklingbecken scheint nur noch Bruch und Dalles zu sein. Die Radioaktivität im Grundwasser steigt leider auch an.
Viele meiner Bekannten - ehemals Befürworter - kommen scheinbar so langsam ins Grübeln. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema hätte wohl durchaus das Potential, dass die Deutschen endlich wieder einmal gemeinsam etwas zustande bringen wollen, anstatt aufeinander einzuhacken. Noch viele Jahrzehnte werden die Steuerzahler Milliarden und Aber-Milliarden für die Abfallentsorgung und den Rückbau der Atomkraftwerke zu berappen haben - noch viele Jahre besteht die Gefahr des "Restrisikos", das uns u.U. recht schnell den Rest geben könnte. Im schwedischen Forsmark kam es beinahe zu einer Kernschmelze - ganz ohne Erdbeben und Tsunami. Beispiele von sehr ernsten Unfällen gibt es zur Genüge. Aus meiner Sicht spielt es auch kaum eine Rolle, ob der Unfall menschlichem, technischem Versagen oder gar einer Naturkatastrophe geschuldet ist. Es kann passieren, es passiert ja auch immer wieder - und wenn es passiert, erscheinen alle Maßnahmen wie der Versuch, Atomspaltung mit einer Fliegenklatsche betreiben zu wollen. Die Technik scheint nach Beginn einer Kettenreaktion nicht mehr beherrschbar zu sein. Thats it.
Auch die "Verspargelung der Landschaft" ist ein Scheinargument. Es gibt in Deutschland ungefähr 10 x mehr Strommasten als Windräder. Im Vergleich zu den hässlichen Strommasten sind Windräder ja geradezu ein ästhetischer Anblick. Entlang den Autobahnen stören sie zudem überhaupt nicht - im Gegenteil, ich freue mich sogar, wenn ab und zu etwas zappelt. In Wohngebieten gehören sie natürlich nicht hin. Kein vernünftiger Mensch käme auf den Gedanken, sich über die allgegenwärtigen, hässlichen Strommasten zu beschweren. Wie harmonisch könnte sich da so ein Wasserkraftwerk in die Landschaft einfügen. Mittlerweile gibt es Turbinen, die mit nur 1 1/2 Metern Fallhöhe recht ansehnliche Mengen an Strom erzeugen - und fähige Umleitungen für die armen Fische, sogar mit Webcam. Das sind Ingenieursleistungen, vor denen ich wirklich Respekt habe. Viele Nuklear-Befürworter haben die rasante Entwicklung der letzten Jahre nämlich scheinbar völlig verpennt - hier z.B.:
The Hylow Project
Aber nun zum eigentlichen Thema des Threads: die Schlagzeilen zur nuklearen Katastrophe in Japan lassen die wirtschaftlichen Auswirkungen so langsam erahnen:
In Russland sind die ersten radioaktiven Autos beschlagnahmt worden:
Bald könnte der Hafen voller radioaktiver Autos sein, Basler Zeitung, 14.04.2011
Katastrophen in Japan belasten Wirtschaft: 60 Prozent der lokalen Firmen betroffen, news.at, 14.04.2011
Stillstand auch in Europa, Welt-Online, 14.04.2011
Teure Umwege um Japan belasten Hamburg Süd, Financial Times, 14.04.2011
Zitat
Wann die, für die japanische Wirtschaft erforderliche Versorgungskette wieder den Stand vor dem Erdbeben erreiche, sei noch nicht abzusehen. Das sagte laut Nachrichtenagentur Reuters der Gouverneur der Bank of Japan, Masaaki Shirakawa. Die Unterbrechung der Versorgungskette könnte zudem Auswirkungen auf die globale Wirtschaft haben. Finanzielle Probleme bei dem Wiederaufbau in Japan sieht Shirakawa nicht.
FTD Liveticker: Strahlung im Grundwasser am AKW nimmt enorm zu
Google-Ergebnisse: +Japan +"wirtschaftliche Auswirkungen"
Das ist wohl auch erst der Anfang ...
Gute Nacht
Mariana