Bernecker Börsenbriefe :
„Gold 3.000 $!
Der Goldmarkt lieferte soeben die Überraschung für alle Finanzmärkte der Welt als eine Art neue Richtlinie. Ein griffiges Signal gab es zunächst nicht. Umfangreich wird darüber diskutiert, ob die Zinsen, das Öl, der Iran oder wer auch immer dafür verantwortlich sein könnte, dass sich der Goldpreis nach nunmehr über 5 Jahren aus seiner langen Konsolidierung gelöst hat.
Die weitere Überraschung lieferte Facebook. Angeblich ist eine neue Internetwährung namens Libra in Vorbereitung, die als Internetwährung im Gegensatz zu den herkömmlichen Kryptowährungen eine tatsächliche Währung darstellen würde, mithin vergleichbar mit anderen Währungen, so auch Euro oder Dollar, aber auch der Art unserer früheren D-Mark. Nämlich als echte Währung, die auf einem Fundament von echten Vermögenswerten ruht, die man Währungsreserven nennt.
Das Erschrecken der Finanzfachleute, sämtlicher Banker und sonstigen Vertretern von Institutionen in den letzten 8 Tagen belegt, welche Bedeutung dieses Thema demnächst haben wird. In diesem Falle geht es um Kontrollen, Regulierungen etc., die hier nicht zur Diskussion stehen. Entscheidend ist, worauf diese Währung beruhen soll, um Glaubwürdigkeit zu erzeugen und nachhaltig zu beweisen. Das wären die Währungsreserven.
Eine solche Währung würde mit hoher Sicherheit der Konstruktion entsprechen, die für die D-Mark ab 1948 vorbildlich war - bis 1999. Das ergab einen Gold- und Devisenstandard nach ganz klassischem Vorbild, in dem die Währungsreserven zu einem geringeren Teil in Gold unterlegt waren und zu einem größeren Anteil in Devisen. Im Falle der Bundesbank waren es vornehmlich Treasury Bonds, zeitweise auch Pfund-Anleihen und in kleinerem Umfang Schweizer Staatsanleihen etc. Wie hoch war der Goldanteil?
Über die Jahre baute die Bundesbank einen Goldbestand von aktuell 4.300 Tonnen auf. Sie liegen inzwischen weitgehend in Deutschland und wurden erst in den letzten Jahren dort zusammengefasst. Nehmen wir an, die Libra wählte diesen Weg. Wie viel Gold müsste sie im freien Goldmarkt nachfragen, um zu einer einigermaßen glaubhaften Relation zu finden? Soweit man schätzen kann, dürften 1.000 Tonnen eine erste Zielgröße sein. Um diese zu erreichen, ergibt sich eine Nachfrage, die sich daran orientieren kann, wie die letzte Goldhausse von 2002/2003 bis 2012 sich in der Menge und im Preis dargestellt hat. Kurz gefasst: In dieser Hausse wurden ca. 6.500 bis 7.000 Tonnen Gold netto als Kapitalanlage generiert. Zum Teil aus den Goldbeständen von Notenbanken, zum geringeren Teil aus den Förderquoten. Nur der geringere Teil der Goldnachfrage entfiel auf den Sektor Schmuck mit Schwerpunkt Indien. Der Preisanstieg der genannten Art beruhte also auf dem Aufbau eines solchen Goldbestandes.
Die Konsolidierung der letzten 6 Jahre führte nach Londoner Schätzungen zu einem Rückbau dieser Goldbestände um etwa 2.000 Tonnen. In der Bandbreite 1.200/1.300 $ die Unze bildete sich ein eindrucksvoller Boden, der nun die Ausgangslage für eine neue Perspektive wird. Der Punkt ist:
Wo würde der Goldpreis landen, wenn lediglich 1.000 Tonnen netto aus dem Goldmarkt aufzukaufen wären? Dafür braucht es Zeit und eine sehr gekonnte Steuerung der Notierungen. Gemessen an den Umsätzen in der letzten Goldhausse der beschriebenen Art sind die spekulativen Geschäfte zu eliminieren, also das tägliche Goldtrading und ebenso sämtliche Umsätze im Termingeschäft. Indes: Setzt sich ein solcher Trend durch, gibt es Mitläufer. In diesem Falle ETF-Fonds, so wie in der zitierten Goldhausse, als am Ende der größte ETF-Goldfonds über einen Bestand von alleine 3.000 Tonnen verfügte. Diese wurden im Übrigen in der beschriebenen Konsolidierung deutlich reduziert, in etwa halbiert. Mithin sind mindestens zwei große Parteien demnächst im Markt tätig, wenn die Internetwährung Libra ihr Ziel erreichen will, eine seriöse Währung zu sein. 3.000 $ als Ziel wären etwas mehr als 100 %. [...] 20 % p. a. sind nicht aufregend, aber entsprächen nur dem Vorbild der zwei Vorgänger.
Das ist zunächst ein sehr grober Rahmen, wie er aus den jetzigen Erkenntnissen abzuleiten ist. Die ungewöhnliche Aufregung bei allen Institutionen zeigt jedoch, dass eine Währung wie Libra eine echte Alternative zu jeder anderen Währung wäre, was es in dieser Form auf jeden Fall wohl noch nie gegeben hat.
Die Wette gilt: 3.000 $ sind eine berechenbare Größe.“
Dies ist ein Kommentar von Hans A. Bernecker.
Grüße