Alles anzeigenDie Versicherungskonzerne und ihre Interessenvertreter in den Parlamenten scheinen sich in dieser Frage nicht mehr ganz sicher zu sein, denn kaum beachtet von den Massenmedien wurde kürzlich Versicherungsaufsichtsgesetz § 89 in die Wege geleitet, ein Gesetz, das es unter anderem ermöglicht, Auszahlungen aus Lebensversicherungen zeitweise oder ganz zu stoppen, falls die Vermögenslage des betroffenen Unternehmens dies erfordert. Festgelegt wurde außerdem, dass die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterhin zu bezahlen, vom Auszahlungsstopp unberührt bleibt.
Kapitalvernichtende Lebensversicherung
http://www.wissensmanufaktur.n…htende-lebensversicherung
Ein Lügenartikel. Der Aufmacher, dass diese Regelung "kürzlich in die Wege geleitet" sei, ist schlicht falsch. Richtig ist, dass der besagt §89 schon seit mindestens 1992 in genau der (zum teil allerdings inhaltsverzerrend verkürzt zitierten) Fassung Gesetz ist.
Entsprechend sind die Schlussfolgerungen als Teil einer Lügenkampagne nicht ernstzunehmen bzw. sorgfältig zu hinterfragen.
Hier mal der Anfang des §89, damit der Kontext klar wird:
Zitat1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der
Vermögenslage eines Unternehmens, daß dieses für die Dauer nicht mehr
imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des
Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint,
so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, ...
Es geht also darum, dass die Aufsichtbehörde bei einer Schieflage, aber vor einer Insolvenz, eingreifen kann, um eine Insolvenz "zum Besten der Versicherten" zu vermeiden.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere daran, dass im Zuge der Finanzkrise das Problem auftauchte, dass etliche Banken eigentlich konkursreif waren, aber die Regierung rettend eingriff, weil sie befürchtete, dass ein Insolvenzverfahren große Schäden bei Kunden und Geschäftspartnern der Banken anrichten würde. Es wurde dann bitterlich beklagt, dass für eine solche geordnete Abwicklung keine gesetzlichen Regelungen vorhanden waren. genau deshalb mussten diese Banken z.B. vereinbarte Boni trotz Quasi-Konkurs auszahlen.
Genau dieses Problem versucht das Versicherungsaufsichtsgesetz in den §81 ff zu adressieren.
Z.B.
ZitatAlles anzeigen
§ 81b Solvabilitätsplan; Finanzierungsplan
(1) Sind die Eigenmittel
eines Versicherungsunternehmens geringer oder drohen sie geringer zu
werden als die Solvabilitätsspanne, so hat das Unternehmen auf Verlangen
der Aufsichtsbehörde dieser einen Plan zur Wiederherstellung gesunder
Finanzverhältnisse (Solvabilitätsplan) zur Genehmigung vorzulegen.
Drohen sich die Finanzverhältnisse weiter zu verschlechtern, so kann die
Aufsichtsbehörde unbeschadet der nach § 81 Abs. 2 zulässigen Maßnahmen
unter außergewöhnlichen Bedingungen die freie Verfügung über die
Vermögensgegenstände des Unternehmens einschränken oder untersagen.
(1a)
Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann die Aufsichtsbehörde
ferner die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile untersagen oder
auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränken; dies gilt
nicht für variable Vergütungsbestandteile, die durch Tarifvertrag oder
in seinem Geltungsbereich durch Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien
über die Anwendung der tarifvertraglichen Regelungen oder aufgrund
eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung
vereinbart sind. Die Versicherungsunternehmen müssen der Untersagungs-
und Beschränkungsbefugnis des Satzes 1 in entsprechenden vertraglichen
Vereinbarungen mit ihren Geschäftsleitern, Mitarbeitern und
Aufsichtsratsmitgliedern Rechnung tragen. Soweit vertragliche
Vereinbarungen über die Gewährung einer variablen Vergütung einer
Untersagung oder Beschränkung nach Satz 1 entgegenstehen, können aus
ihnen keine Rechte hergeleitet werden.
Wobei btw. die Voraussetzungen für diese Bonuskürzungen viel schwächer sind (Lage noch nicht so schlecht), als für die Massnahmen nach §89.
Meiner Meinung nach sehr sinnvolle Regelungen, die für Versicherte wie Steuerzahler besser sind als die Alternative "ungeordneter Konkurs" oder "Unterstützung ohne rechtliche Durchgriffsmöglichkeiten". Ein ungeordneter Konkurs könnte auch bei Versicherungen heftige Kollateralschäden herbeiführen. Z.B. müssten alle, die gesetzlich zu Haftpflichtversicherung verpflichtet sind erstmal ihren Betrieb einstellen, bis sie einen neuen Versicherer gefunden haben ...
Man kann natürlich anderer Meinung sein, keine Frage. Jedoch zu behaupten, diese Regelungen sollten jetzt eingeführt/verändert werden ist schlicht gelogen.