Original von Detlef aus Paraguay
ok, jungs, dann spiel ich halt mal ne runde mit.
shettybauer hat da halbwegs recht. halbwegs, weil ich die gallopierenden inflationen in argentinien, bolivien und brasilien nur aus zweiter hand mitbekommen habe. (durch verwandte in bras und arg, sowie durch die auswirkungen auf paraguay ueber den gemeinsamen markt.)
hier im land hatten wir, seit ich hier bin, zehn jahre lang staatlich festgeschriebene wechselkurse mit akutem geldmangel. (waehrend der diktatur) also deflationaere verhaeltnisse.
kurz vor und nach der revolution hatten wir zwar keine gallopierende, aber eine "trabende" inflation. (bis 35% jaehrlich) so ungefaehr acht jahre lang.
im letzten jahrzehnt ist die inflation kaum noch nennenswert. (so zwischen 5 und 10%) seit ein paar monaten fallen sogar die freien wechselkurse vom dollar (stark) und auch vom euro (etwas.)
durch die steigenden treibstoff-import kosten, und die steigenden transportkosten fuer importe haben wir aber etwas, wofuer ich das wort "Teuerung" fuer angemessen halte.
erstmal zu argentinien.
da gab es eine zeit lang keinen staat. keine staatspraesenz. und kein geld. was da trumpf war, waren handwerkliche faehigkeiten, nahrungsmittel und goldschmuck. auch, aber weniger, muenzen.* (keine barren) und devisen, egal, welche.
(schmuck war ungefaehrlicher zu verkaufen/vertauschen als muenzen und barren. wer versuchte, muenzen und barren zu verkaufen, musste mit verfolgung und ueberfall rechnen.)
als sich der staat wieder reorganisiert hatte, war gold trumpf. dann konnte man damit alles kaufen. wie auch mit devisen.
waehrend der "staatlosen" zeit hat niemand argentinisches geld genommen. aber ueberall entstand lokales geld. (einige dieser waehrungen funktionieren heute noch)
so, zu unserer deflationszeit:
unser geld, der guaranie, wurde kuenstlich hochbewertet. (ein teil der staatseinnahmen wurde fuer subventionen des offiziellen geldwechsels ausgegeben.)
es war einfach zu wenig geld im umlauf. Cooperativen, geschaefte und sogar grossbauern gaben eigene "vales"(wertscheine) aus.
das lief dann so: ich gab meinen landarbeitern vales. die kauften damit in irgendwelchen geschaeften ein. die geschaeftsleute kauften mit meinen zetteln bei der cooperative ein, oder bezahlten warentransporte damit. wenn ich vieh verkaufte, praesentierte mir die cooperative meine zettel (die gaben keine fremden vales weiter, nur eigene) die summe meiner vales wurde von meinem erloes abgezogen, und ich bekam die zettel wieder.
in der zeit war es haeufig, dass leute, die bargeld brauchten, sich dieses "kauften". gaengiger kurs ca 105 bis 110 kontoguthaben fuer 100 bargeld.
wer bargeld auf der hand hatte, bekam alles billiger.
die inflationszeit:
da haben wir uns alle kleine anhaenger angeschafft, auf die ein oder zwei rinder passten. damals brachte ich jede woche ein rind zur cooperative, fuer den erloes kaufte ich am selben tag fuer mich und meine arbeiter, was wir so fuer die naechste woche brauchten.
damals haben wir viehhaendler, die mit dicken geldbuendeln wedelnd auf den hof kamen, lachend weggeschickt. keiner wollte die wertlosen lappen zu hause liegen haben. (es sei denn, einer wedelte mit dollars, dann war schnell verkauft.)
abzahlungsgeschaefte gab es nicht mehr auf geldbasis. nur noch in sachwaehrungen. (ich verkaufe dir ein auto gegen x kilo erdnuesse oder y kilo fleisch monatlich, z monate lang.)
viele bauern konnten sich sanieren, die hatten hohe kredite in landeswaehrung mit festen zinsen unter 20%.
andere bauern gingen den bach hinunter. die hatten dollarkredite mit 5% zinsen...
die teuerung:
nur um ein beispiel zu nennen: mehl. das kostet jetzt hier 0,46eu bis 0,63eu pro kilo. bei monatsloehnen von inzwischen ca 200 eu.
alles, aber auch wirklich alles, woran in irgendeiner art erdoel beteiligt ist, vom duenger ueber autos, traktore bis zur plastiktuete, ist hier in den letzten jahren schnell teurer geworden. bei unveraendertem bis fallendem einkommen. (diesel ca 0,75 eu - benzin 0,92 eu)
die loehne sind heute ca 120% von den loehnen aus 1998. ca 50% der arbeitsfaehigen haben keinen job, oder einen wo sie weniger als halb verdienen.
der mittelstand kaempft den auswahlkampf ums ueberleben. (mit meinem kleinen supermarkt hab ich, durch den verdraengungs-konkurrenzkampf knapp 3% von den verkaufserloesen als nettogewinn.)
uuund.... wir sind hier auf dem platten land. wir haben hier ca 70% unserer lebensmittel aus der lokalen produktion.
in den staedten wirds schon richtig lustig. da kann man in den meisten stadtvierteln nicht mal mehr ueber tag zu fuss gehen, oder bus fahren, ohne ausgeraubt zu werden.
da, wo die wohlhabenderen wohnen, steht jeden strassenblock ein schildhaeusschen mit ner privatwache drin.
so, was ich bei euch allen vermisst habe, war die unterteilung zwischen inflation (geldentwertung bei gleichbleibenden sachwerten) und teuerung (wertsteigerung einiger oder aller waren bei gleichbleibendem oder steigendem geldwert)
ich hab zwar keine grossartigen wirtschaftstheorien studiert, aber oeffnet mal eure augen, dann bemerkt ihr, dass ihr zu der inflation (die seit einfuehrung des euro schneller wurde) in der letzten zeit auch noch eine teuerung bekommt. - und die macht euch wirklich fertig!
eines werdet ihr naemlich sicher nicht als rettung haben, was wir hier in suedamerika hatten. ihr werdet keine stabilen devisen haben, die eine lokale situation verbessern koennen. denn diese runde gehen alle waehrungen baden. (es sei denn, es gibt noch irgendwo wilde, die muschelgeld benutzen...)
fuer euch alle (und xsurvivor im speziellen) noch mal eine erinnerung: ihr streitet hier um jetzige und kuenftige geldsysteme.
ein vollkommen sinnloser und rein akademischer streit.
nach den einigermassen sicher erscheinenden prophezeiungen und schauungen, sind inflation, teuerung, eventuelle deflation und wirtschaftlich/staatlicher zusammenbruch nicht das problem, auf das man sich (hauptsaechlich) vorbereiten muss.
ob nun impakte, vulkanausbrueche, polsprung oder was auch immer: es werden (wesentlich) mehr menschen vernichtet, als ueberleben werden.
die "postmoderne" lebensform wird aus kleinen doerfern bestehen.
und die menschen werden poppen muessen, wie die karnickel,(wenn sie dazu gesundheits- und ernaehrungsmaessig in der lage sein werden) um innerhalb von zwei oder drei generationen lokal auf bevoelkerungsmengen zu kommen, fuer die sich eine einfuehrung von waehrungen wieder lohnt.
vorher wird gold wenigstens noch einen nutzen haben: fuer zahnfuellungen.
waehrend des "vorspieles" also der zeit der banden und/oder korruption kann gold als schmiermittel gegen aggressive "obrigkeiten" egal welcher art von nutzen sein (laenger als papiergeld) aber auch dafuer halte ich persoenlich schmuck fuer unauffaelliger.
ich hab zeit meines lebens mehr neigung zu gold als zu aktien oder fiat-geld gehabt, aber jetzt kommt wohl bald die zeit, wo ich lieber ne schachtel schusternaegel (um irgendwas sinnvolles zu nennen) haben moechte, als ein goldstueck. und papiergeld? pfui spinne! das einzige, wofuer das noch gut sein wird, ist als notizzettel und als reinigungsmittel. zum schreiben bevorzuge ich aber weisses papier, und zum reinigen weiches...
gruss,detlef