(von Frank Meyer) Erstaunlich, dass die Welt nicht voran kommt, obwohl die Zahl der Wissenschaftler schneller wächst als das Bruttoinlandsprodukt. Die Welt ist nicht besser geworden, aber anders. Aus der Hauptzentrale zur Umleitung von verirrten Kometen gibt es Neuigkeiten. Die Lage für den Bundespräsidenten bleibt hoffnungslos, aber fantastisch gut…
Wir sehen uns konfrontiert mit einem Orkan an Schlagzeilen, einer Mischung aus Umfragen, Optimismus, Intrigieren und Schmutz. Das Letztere ist am spannendsten. Es befleckt Hirne, verstopft Ohren und lässt den Blick verschwimmen. Alle haben die Gemeinsamkeit zu verwirren – Politik zwischen Erfolg und Niedergang, zwischen „wird schon wieder“ und vorwärts immer im Wettkampf mit der Realität.
Warum beißt man sich nur an diesem Bundespräsidenten fest? Er tat doch nichts, zumindest hat er keinen solch großen Schaden angerichtet wie ihm nachgesagt wird. Er hat vielleicht den Fehler gemacht, nicht in die Wirtschaft gewechselt zu haben, sondern in der Politik geblieben zu sein. Vielleicht tat er nur das Übliche? Und woher soll er nach Jahren in erlauchten Kreisen wissen, was richtig und falsch ist? In der Wirtschaft hätte er einem seiner Hobbys, Kreditzinsen zu sparen, besser nachkommen können. Es wäre gar nicht aufgefallen. Er ist ein Mensch. Außerdem ist die Gewinnoptimierung heutzutage das Pflichtprogramm nicht nur in börsennotierten Konzernen.
Filmregisseur Dieter Wedel sollte einen Film drehen. Ach ja, tut er ja bald schon…
Wer andern eine Grube gräbt…
Was hat Wulff falsch gemacht? Vielleicht war er verbal zu streng gegenüber den Banken, als er eine Rede hielt? Sind die Journalisten nachtragend gewesen, als er eine ISO-Norm für sie forderte? Waren es andere unliebsame Äußerungen gegenüber wem auch immer? Wir wissen es nicht, vermuten nur, das Spektakel geht seinem Höhepunkt entgegen.
In den Zeitungen steht, die Pressefreiheit wäre in Gefahr. Die Bildzeitung rettet sie gerade, so der Eindruck. Es stellt sich die Frage, wer Wulff damals medial geholfen hat. Wir Journalisten erinnern uns gut an das Frühjahr 2011. Dort sagte der Bundespräsident bei der Eröffnung der Hauptzentrale der Nachrichtenagentur dpa, dass eine ISO-Norm für Journalisten wünschenswert wäre.
Nach seinen Vorstellungen sind Medien nötig, „die eine neue Art der Qualitätssicherung, quasi eine ISO-Norm für den Journalismus einführen, auch um die eigene Existenz zu sichern“… Es seien Journalisten gefragt, “die Verantwortungsbewusstsein zeigen, die glaubwürdig sind“, sagte Wulff. (Quelle)
Niemand schrie auf. Hat sich niemand getraut? Vielleicht ist jetzt alles der Bumerang. Wer weiß, wenn er eines Tages sein Amt zurück gibt oder aus selbigem getragen wird, ist er dann weg von den nicht vorhandenen Schalthebeln im Schloss Bellevue, die ISO-Norm-Debatte aber nicht vom Tisch. Wenn man sich ansieht, wie viele der Meldungen aus Agenturen stammen und per Copy-Paste ihren Weg in die medialen Kanäle finden, gibt es diese vielleicht schon – und zwar nicht in den chronisch unterbesetzten Redaktionsabteilungen der Sendeanstalten und Schreibspecht-Abteilungen.
Es ist spannend und erschütternd zugleich – wenn Kaiser nackt herum laufen und das Volk sich empört, vergleichbar mit falsch gesetzten Pfiffen eines Schiedsrichters in einem Fußballspiel. Erstaunlich auch, dass Vergangenheiten das tun, was ihnen nachgesagt wird, ihren Erschaffern beharrlich im Dunkel zu folgen. Und dann schaltet jemand eine Lampe an. Doch wer sitzt am Schalter?
Was für ein Schauspiel, das da gerade geboten wird. Ein lustiges Ausrutschen auf Bananenschalen. In Bananenrepubliken fallen diese öfters zu Boden und verursachen Schwierigkeiten und für andere Lachen oder Empörung. Um an wichtige Meldungen zu kommen, muss man heute die Bilder und Buchstabenansammlungen über einen Mann im Schloss Bellevue weg klicken und versuchen hinter sich zu lassen, ohne dass der aus dem Mund aussteigende Schaum die Sicht der Dinge behindert. Die wahren Aufreger in Sachen Umbau Europas und die damit verbundenen Rechtsbrüche treten in den Hintergrund. Kaiser dankten früher ab. Politiker, die Fälle mehren sich, müssen öfters festgeklebt auf ihrem Stuhl aus der Burg getragen werden. Doch da ist niemand, der bereit wäre, die Lehnen des Stuhls zu packen.
http://www.rottmeyer.de/bananenschalen-in-bananenrepubliken/