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Original von Joschka
Was mich immer schon ein wenig gewurmt hat an deflationären Szenarien:
Was geschieht mit den überschuldeten Staaten, bzw. deren Staatsanleihen, im heutigen Papiergeldsystem, wenn es kracht, also jetzt?
Meiner Meinung nach schulden die zunächst mal auf, bis die Schwarte kracht... Steuerausfälle, Bail-outs, begleitende Sozialtransfers, etc., das will ja alles irgendwie finanziert werden ... mit einem AAA-Rating, das die meisten der in Frage kommenden Industriestaaten ja immer noch haben, ist (zunächst) vieles möglich. Dieses Aufschulden wird aber umso stärker und schneller inflationär wirken, als es zu keinen korrespondierenden Leistungsprozessen in der Realwirtschaft kommt, bzw. diese im Zuwachs geringer ausfallen, als die Schuldenaufnahme. In extremis nimmt der Staat gleich bei sich selbst Kredit auf, mehr oder weniger gut kaschiert, also entweder analog der Mefo-Wechsel in den 30ern oder - etwas eleganter – der speziell für Repo-Geschäfte konstruierten Bundesanleihen wie in den 80ern. Diese Art der "Inflation" hat dann aber nix mehr mit dem zu tun, was wir heute darunter verstehen, sondern wird eine ziemlich schnelle Entwicklung sein mit einem ziemlich abrupten Ende, so binnen 3-5 Jahren zwischen Anfang und Ende.
Ähnlich wie in Argentinien und anderen Emerging markets wird dann irgendwann der berühmte "Hair Cut" kommen, nur wird das im Westen noch ein deutlich lauteres Geschrei auslösen als dort, warum, weil große Anteile der Staatsschuld auch "domestic" gehalten werden, e.g. von Versicherungen, Pensionsfonds, Investmentfonds, etc. ... kommt es hier zu große Ausfällen wird es zudem nicht nur viel lauteres Geschrei geben, sondern die wirtschaftlichen Knock-on-Effekte werden, wegen des Kaufkraftverlustes der aus diesen Rentenpapieren Einkommen beziehenden einerseits und des Wegfalls der "einzig sicheren Kreditsicherheit" für alle übrigen, deutlich gravierender sein. So esoterisch das klingen mag, aber was einem Kirchner damals in Argentinien möglich war, wird den Amerikanern und den Deutschen verwehrt bleiben. Ebenso den Japanern, weshalb die sich schon seit über 15 Jahren um das eigentlich Unvermeidliche herumdrücken.
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Original von Joschka
Wie verhalten sich die Leute in unserer prächtigen Multikultur, wenn es hart auf hart kommt? (dh. Vermögensverlust durch deflationäre Bankenpleiten?)
Die "sehenden" oder "vermeintlich sehenden" werden ausflippen und alles mögliche versuchen, worauf die "nicht sehenden" irgendwann mal in Panik geraten und auch ausflippen ... folgen lange Schlangen vor Bankschaltern, Statements der Bundeskanzlerin, große allgemeine Betroffenheit, BILD-Sonderbeilagen, etc, etc, etc.
Wichtig ist: im Gegensatz zu einer Inflation, wo alles so schön gemächlich und streckenweise sogar unmerklich dem großen Finale zueilt, ist bei dem, was nach Roubini/dottore angesagt, ist urplötzlich Schluss, quasi von einem Tag auf den nächsten ... Liquidität die eben noch da war, ist es plötzlich nicht mehr, was für viele dann gleichbedeutend ist mit dem finalen "Sayonara!" ... Klingt vielleicht ein wenig unglaublich, aber frag mal ein paar Jungs, die ihr Geld mit sowas wie "Commercial Papers" verdienen, das dachten die nämlich bis Mitte dieses Jahres auch ... und die hatten mit Subprime, CDOs und derlei Geschichten wenig bis gar nix am Hut!
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Original von Joschka
Es wird sowieso nicht lustig. Eine mehrgleisige Strategie ist zu bevorzugen, dh. kleiner Teil Cash, grösserer Teil Edelmetalle und eventuell anderweitig vorsorgen. Von Aktien halte ich nicht viel, ausser man ist der Mehrheitsaktionär...
Ich halte es ein wenig anders rum, ich halte einen kleinen Teil meines Geldes, gerade soviel, wie ich für absolute Notfälle, inkl. einer spontanen Evakuierung ins Ausland aus welchem Grudn auch immer, benötigen würde in Gold, und zwar ausschließlich in international fungiblen Bullion Coins, also Krügerrand, Maple Leaf und Philharmoniker ... 100g oder gar 1kg Goldbarren sind zwar hübsch anzuschauen, nutzen dir aber auf die Schnelle, wenn es hart auf hart geht, nicht wirklich was.
Darüberhinaus halte ich derzeit fast alles in kurzlaufenden Bundesanleihen mit 1-2 jähriger RLZ, was nichts anderes ist, als "Bargeld unterm Sofa" für große Bestände.
Zu Aktien gebe ich dir recht, außer man agiert auf dem ganz langen Zeitstrahl, denn eine Allianz und eine Deutsche Bank bzw. eine Daimler oder Siemens wird es vermutlich auch noch in 100 Jahren geben, die Frage ist lediglich die: hat man solange Zeit? Für meine Kinder, 2 und 6 jahre, dotiere ich regelmäßig ein reines Aktienportfolio, da sehe ich vom Anlagehorizont her wenig Stress, auch wenn die Bestände morgen auf 10% abwerten sollten. Da ich ständig nachkaufe, ziehe ich mittels cost-averaging-Effekts eh nach, also ist das auf lange Sicht kein allzu sinnloses Unterfangen.
A la longue bin nich halt für Gold selbst sehr skeptisch, weil ich davon ausgehe, dass die Spekulation, die es bei hoher Liquidität im Markt hochgetrieben hat, es ganz schnell auch wieder runterdrückt, wenn die Liquidität plötzlich futsch ist. Die Korrelationen der letzten Zeit mit allen möglichen asset classes, insbesondere auch Aktien, scheinen das auch zu bestätigen. Und das ein neues Geldsystem wirklich auf Gold aufbauen sollte, da glaube ich im Traum nicht dran.