Die Verluste von Julius Bär im Zusammenhang mit der deutschen Degag-Gruppe zeigen, wie sehr selbst konservative Schweizer Privatbanken in Zeiten von Null- oder Negativzinsen in die Jagd nach Renditen verwickelt wurden. Das Geschäftsmodell von Degag war für diese Zeit klassisch: Kauf alternder Wohnhäuser in Norddeutschland, Renovierung, Refinanzierung zu niedrigen Zinsen und Einstreichen der Differenz. Als jedoch die Zinsen stiegen und die Refinanzierungskosten explodierten, brach das Modell zusammen. Projekte, die vor einigen Jahren auf dem Papier solide aussahen, konnten plötzlich ihre Schulden nicht mehr refinanzieren oder ihre Bewertungen aufrechterhalten.
Nachdem Degag nun insolvent ist, bleibt Julius Bär mit Hypothekenrisiken zurück, die nur noch einen Bruchteil ihres früheren Wertes haben. Tausende von Privatanlegern, die sich an den Beteiligungsmodellen des Bauträgers beteiligt haben, müssen wahrscheinlich ebenfalls mit hohen Verlusten rechnen. Bemerkenswert daran ist, dass Schweizer Privatbanken wie Julius Bär sich ihrer Diskretion und Stabilität rühmen, aber zunehmend denselben strukturellen Rissen ausgesetzt sind, die auch die Kreditgeber für Gewerbe- und Wohnimmobilien in ganz Europa treffen.
Der deutsche Immobilienmarkt steht unter besonderem Druck, da der Bau zum Erliegen gekommen ist, Energieeffizienzvorschriften die Renovierungskosten in die Höhe getrieben haben und politische Mietpreisbindungen das Einkommenswachstum begrenzt haben. In Kombination mit höheren Zinssätzen führt dies zu einer langsamen Margenverknappung, die die Vermögenswerte von innen heraus aushöhlt. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Korrektur auf dem europäischen Immobilienmarkt nun auch auf das private Vermögensökosystem übergreift. Banken, die in Zeiten niedriger Zinsen still und leise Nebengeschäfte im Bereich der Immobilienkredite aufgebaut haben, um ihre Renditen zu steigern, entdecken nun die Kehrseite der Illiquidität.
Der Zusammenbruch von Degag ist eine weitere Erinnerung daran, dass die Abrechnung auf den europäischen Immobilien- und Kreditmärkten erst zur Hälfte abgeschlossen ist und dass die sicheren Geldinstitute nicht so abgeschirmt sind, wie sie einst schienen.